"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Ganz im Ernst: Ich schäme mich ein bisschen dafür, aber ich bin ausgerechnet durch das VBT 2011 tiefer in das ganze Rap-Genre eingestiegen – zu einem Zeitpunkt, als Rapper mit witziger Attitude gerade richtig durch die Decke gingen. Es war also nur logisch, dass 2012 Klaus Bukkake mit seiner ironischen Art den Sieg holte. Seine Runden waren zwar amüsant, aber raptechnisch waren für mich schon damals eher seine Crew-Kollegen der Hit: MC Baum und Captain Jenny. Es sollte noch bis 2020 dauern, bevor auch außerhalb von Battles Musik der beiden erschien. Und zwar in Form des "Soundcloud Hit Type Tape".
Inzwischen nennen sich die beiden, ihrer Berliner Herkunft entsprechend, prenzlboys und picken nur noch trappige SoundCloud-Beats, machen inhaltlich aber immer noch das Gleiche wie zu VBT-Zeiten: Meme-Rap. Das "Soundcloud Hit Type Tape" ist gespickt mit Referenzen zu Klassikern wie dem Denyo-Meme – "Komme ins Game rein, ja, jetzt bin ich im Game drin" – oder nimmt etwa das ständige Waffengelaber anderer Rapper:innen aufs Korn. Aber auch ewige Insider des Duos sind mit dabei – zum Beispiel, dass MC Baums Stimme eigentlich schon seit Jahren völlig am Ende ist. Dazu gesellt sich Selbstironie, etwa dann, wenn die prenzlboys rappen, dass beinahe alle Beats via "Youtube-mp3-Converter" gezogen wurden. Das klingt vielleicht wie ein Joke, ist bei der langen Produzentenliste aber vermutlich sogar die Wahrheit. Hier wurden einige Trap-Banger von MC Baum und Captain Jenny handverlesen, um mit ihrem aggressiven Rapstyle darüber zu brettern, als gäbe es kein Morgen mehr. Jeder Track ist einfach ein Hit und bleibt im Ohr. Und ich habe nach wie vor enorme Freude, ihnen dabei zuzuhören.
Beim Hören des Albums sollte man inhaltlich vielleicht keinen Tiefgang erwarten, auch wenn Themen wie der unaufhaltsame Klimawandel ebenfalls einfließen. Aber wer sich wie ich einfach auf die beiden schreienden Rapper und ihren Humor einlassen kann, wird hier definitiv seinen Spaß haben. Und natürlich, wie der Albumtitel schon verspricht, sind ein Hit nach dem anderen sowie Moshpits bei Liveauftritten garantiert.
(Lukas Päckert)