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Brown-​Eyes White Boy – Bubblegum Dreams

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: Brown-​Eyes White Boy mit "Bubble­gum Dreams".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Lei­der hat Pas­sen­ger recht, wenn er singt: "Only miss the sun when it starts to snow". Denn die­sen Satz und die damit ver­bun­de­ne schmerz­li­che Nost­al­gie habe ich im Kopf, wenn ich "Bubble­gum Dreams" von Brown-​Eyes White Boy höre. Gera­de jetzt, fünf Jah­re nach dem Release, bemer­ke ich, wie gut die­ses unbe­küm­mer­te Tape doch ist. Es ist eine bit­ter­sü­ße Rei­se in eine Zeit, in der noch die "Som­mer­fe­ri­en für immer" zu dau­ern schienen.

So beginnt das Tape des damals 16-​Jährigen mit dem titel­ge­ben­den Song. In Anleh­nung an die in den Lyrics erwähn­ten Coming-​of-​Age-​Filme gibt der Salz­bur­ger Rap­per Ein­bli­cke in die The­men, die einen in der Jugend beglei­ten. Sei es die zuneh­men­de Ver­ant­wor­tung, den Stress in der Schu­le oder die Abgren­zung von ande­ren. Letz­te­re wird durch den eige­nen Mode­ge­schmack, den all­täg­li­chen Hust­le und – put­zi­ger­wei­se – durch den Kon­sum von sel­te­nen, impor­tier­ten Soft-​Drinks illus­triert. Die­se bekom­men mit "Gatora­de" ihre eige­ne bun­te Hym­ne – den Som­mer­hit des Tapes, über das "Tref­fen mit den Brü­dern", lan­ge Näch­te im Park und eben Gatora­de, egal ob Raspber­ry oder Red Oran­ge. Ins­ge­samt rappt BEWB auf den zehn Songs zwar "biss­chen plan­los, kei­ne Rou­te", aber das ist egal. Es ist der Sound­track, mit dem man mit dem ers­ten Auto der Freun­des­grup­pe zum nahe gele­ge­nen Bade­wei­her fährt und sich alle dabei wie die Größ­ten füh­len. Zwar lie­gen auch Stei­ne im Weg, jedoch wir­ken sie gera­de­zu lächer­lich klein im Rück­spie­gel, auf der Fahrt Rich­tung Erwachsenwerden.

Brown-​Eyes White Boy selbst lässt zwei Jah­re spä­ter die süße Nostalgie-​Bubblegum-​Blase plat­zen: Die Som­mer­fe­ri­en sind vor­bei und wei­chen intro­spek­ti­ven Kla­vier­bal­la­den und Gesprä­chen mit Therapeut:innen. Eine dras­ti­sche, aber auch not­wen­di­ge künst­le­ri­sche Ent­wick­lung, die für mich die alten unbe­küm­mer­ten Zei­ten zwar ver­mis­sen lässt, aber nicht rui­niert. Denn im Ver­gleich zu der traurig-​tristen und lei­den­schaft­li­chen Musik leuch­tet der zuvor erleb­te Som­mer nur noch hel­ler – und der Him­mel ist wirk­lich wie Gatorade.

(Fejo­so)