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Kommentar

Pat Riot: ein Nachruf

An die­ser Stel­le möch­ten wir an den Rap­per Pat Riot erin­nern, der am 20. April 2024 von uns gegan­gen ist. Ein Tau­send­sas­sa im Unter­grund der deut­schen Rap­land­schaft, der in sei­ner Zeit so viel auf die Bei­ne gestellt und erreicht hat.

Suchst nach uns im Untergrund.
Unbe­kannt wie ein unbun­ter Hund.
Und unter uns ist viel lie­ber so.
Lie­ber dope unbe­kannt als bekannt und 'ne Hoe.

Am 21. Mai 2024 erreich­te die Sze­ne eine trau­ri­ge Nach­richt: der Tod von Pat Riot aka Der Gei­le Vater, bür­ger­lich Patrick Beck­mann. Den meis­ten Men­schen dürf­te der Rap­per durch sei­ne Teil­nah­men am Video Batt­le Tur­nier, kurz VBT, zwi­schen 2009 und 2012, ein Begriff sein. Lei­der ver­ließ er uns viel zu früh am 20. April 2024 im Alter von gera­de ein­mal 42 Jah­ren auf­grund eines geplatz­ten Angi­oms im Gehirn.

Patrick wur­de am 01.08.1981 gebo­ren. Tat­säch­lich ist der Öffent­lich­keit nur wenig über sein pri­va­tes Leben bekannt. Doch bereits 2005 grün­de­te er unter sei­nem Ali­as Pat Riot mit sei­nem engen Freund Dan – bes­ser bekannt als Fid Rizz oder Don Seni­lo – die Crew Pri­ma­tune, zu der dann noch DJ Peat­Cut dazu­kam. In den fol­gen­den Jah­ren soll­te sich schon zei­gen, wie inno­va­tiv und mit wie viel Fines­se Pat Riot und Fid Rizz an ihre Musik her­an­gin­gen. Nach eini­gen Tracks ver­öf­fent­lich­te Pri­ma­tune 2007 mit "Fürn Müll" ihre gesam­mel­ten Wer­ke und außer­dem das an eine Radio­show ange­lehn­te Mix­tape "Pri­mat City Radio". Man merk­te Pat und Fid schon bei die­sen Pro­jek­ten an, dass sie Musik allen vor­an aus einem Grund gemacht haben: weil sie Spaß dar­an hat­ten. Sie nah­men sich selbst nie zu ernst und rapp­ten über Sinn und Unsinn des All­tags. Über erns­te The­men wie "Sucht", aber auch über völ­lig absur­de The­men wie "The best Free­ware Spam Fil­ter". Dabei bewies vor allen Din­gen Pat, wie wand­lungs­fä­hig er war – rap- wie auch stimm­tech­nisch. Er  zeich­ne­te sich durch ver­spiel­te Reim­sche­ma­ta und eine gro­ße Stimm­va­ria­bi­li­tät aus. Und obwohl er mit Pri­ma­tune bereits fünf Jah­re lang auf­ge­tre­ten ist, zu der Zeit schon vier Releases raus­ge­bracht hat und sich ein gro­ßes Netz­werk im Unter­grund auf­bau­en konn­te, soll­te Pri­ma­tune erst 2009 wirk­lich Bekannt­heit erlan­gen, ein Jahr vor dem Debüt­al­bum "Pri­mat City Music".

Denn 2009 tra­ten Pat Riot und Fid Rizz erst­mals im VBT an. Obwohl die bei­den die Batt­les noch weni­ger ernst nah­men als sich selbst, soll­te es sich als ein Sprung­brett zu einer grö­ße­ren Fan­ba­se erwei­sen. So schaff­te Pat Riot es bis ins 16tel-​Finale, wo er dann gegen den spä­te­ren Tur­nier­sie­ger Kico ver­lor. Hier kris­tal­li­sier­te sich auch schon Stück für Stück ein wei­te­res Talent von Patrick her­aus: Video Editing. Für die dama­li­ge Zeit waren die Video­kon­zep­te, -effek­te und der Schnitt näm­lich schon etwas Beson­de­res. Kein Wun­der, da Patrick haupt­be­ruf­lich Video Edi­tor war. Das merk­te man beson­ders 2011 in Run­den wie etwa Pat Riot vs. Dupash, bei der das Video wie ein Mini­thril­ler wirkte.

Par­al­lel dazu ent­stan­den auch die neu­en Ali­as­se von Pat Riot und Don Seni­lo und mit Akfo­ne und Mikzn70 kamen zudem neue Crew­kol­le­gen hin­zu. Die vier for­mier­ten sich nicht nur für das VBT, son­dern auch für eini­ge Free Releases zur (Real) Rosa Rand Gäng und gaben sich neue Namen: Aus Pat wur­de Der Gei­le Vater, aus Fid wur­de Don Seni­lo und Mikzn und Akfo­ne wur­den zu Hen­ry Mus­ta­che und Fuß­ball­mann. War Pri­ma­tune damals noch iro­ni­sche wie rebel­li­sche Come­dy, wur­de das Gan­ze bei der Rosa Rand Gäng eine kom­plet­te Per­si­fla­ge auf ver­schie­dens­te Rap-​Stereotypen, ohne dabei ihre unter­schwel­li­ge Kri­tik zu ver­lie­ren. Die Musik wur­de locke­rer, nahm Proll­rap auf die Schip­pe und über­zeich­ne­te ver­schie­de­ne Kli­schees. EPs wie "Es ist Ente" oder auch "Ro$aura" über­zeug­ten mit Neu­in­ter­pre­ta­tio­nen von inter­na­tio­na­len Klas­si­kern wie "Kom­mis­sar" von Fal­co oder "Can­dy Shop".

Doch damit nicht genug. In den Jah­ren von 2010 bis 2013 pro­du­zier­te Pat Riot über den Primatune-​Kosmos mit sei­nen Crew­kol­le­gen zudem noch ein eige­nes Interview-​Format. Auf dem YouTube-​Channel Pri­mat­Ci­tyTV kann man heu­te noch zahl­rei­che Inter­views mit natio­na­len Künstler:innen wie Creme Fresh und inter­na­tio­na­len Artists wie Cun­nin­Lyn­gu­ists und Sta­tik Selek­tah sehen, größ­ten­teils geführt von Pri­ma­te Rhy­me, eben­falls enger Freund der Primatune-Crew.

Nach die­sen ereig­nis­rei­chen Jah­ren wur­de es lei­der ruhi­ger um Patrick Beck­mann und sei­ne Crews. Ver­ein­zelt kam noch das For­mat "WASOLOSGEHT", in dem die Rosa Rand Gäng sich für sie unty­pi­scher­wei­se an wich­ti­gen gesell­schaft­li­chen sowie poli­ti­schen The­men wie etwa dem Rechts­ruck auf ihre amü­san­te Art und Wei­se abar­bei­te­te. 2020 kam noch mal ein kur­zes Lebens­zei­chen, bei dem Pri­ma­tune sich iro­ni­scher­wei­se kurz dem Cloudrap-​Genre annahm, um dann ein neu­es Oldschool-​Album anzu­kün­di­gen, wel­ches bis auf eine Sin­gle lei­der nie erschei­nen sollte.

Man merkt, Patrick Beck­mann war ein Tau­send­sas­sa: Zahl­rei­che musi­ka­li­sche Pro­jek­te, oft sehr aus­ge­klü­gel­te Promo-​Aktionen, bei denen auch sein Talent im Videoproduzenten-​Bereich zum Tra­gen kam, und stets mit viel Spaß und Elan bei der Sache. Dass er mit sei­ner Crew dann auch noch Shou­touts und Zusam­men­ar­bei­ten mit inter­na­tio­na­len Artists wie Mas­ta Ace und Alche­mist auf­wei­sen konn­te, ist da noch gar nicht zur Spra­che gekommen.

Es ist scha­de zu sehen, dass ein so gro­ßer Künst­ler lei­der nie die Aner­ken­nung bekam, die er ver­dient gehabt hät­te, und dann auch noch viel zu früh von uns ging. Aber was uns als Hörer:innen bleibt, ist sein Ver­mächt­nis. Denn "der gei­le Vater kommt so unglaub­lich süß auf den Beat" bis in alle Ewigkeit.

Zum Abschluss sei noch gesagt, dass Patrick eine Frau sowie zwei Kin­der hin­ter­lässt, die man bei den Kos­ten der Beer­di­gung unter­stüt­zen kann, ent­we­der durch eine direk­te Spen­de über die gofundme-​Kampagne oder aber durch den Kauf eines Shirts, wel­ches ihm gewid­met ist.

(Lukas Päck­ert)
(Gra­fik von Dani­el Fersch)