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RAR – Maschinenmensch

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: RAR mit "Maschi­nen­mensch".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

"Maschi­nen­mensch" von RAR ist kein Rap­song, weist ledig­lich Sprechgesang-​Elemente auf und bewegt sich eher im Bereich der Neu­en Neu­en Deut­schen Wel­le. Hin­ter dem Pro­jekt mit dem mini­ma­lis­ti­schen Namen ver­birgt sich Jonas Pent­zek, ehe­mals Sän­ger der Band Fibel. Sei­ne neue Solo-​Musik und ins­be­son­de­re genann­ter Track lau­fen bei mir seit eini­gen Mona­ten auf Dau­er­schlei­fe, des­halb möch­te ich die­ses For­mat nut­zen, um das Stück trotz des Aus­flugs in ein ande­res Gen­re zu empfehlen.

Der Song beginnt mit ruhi­gen Gitarren-​Klängen und dem Gesang von RAR, bis wabern­de Syn­the­si­zer und gepitch­te Backing-​Vocals den Text­in­halt musi­ka­lisch unter­stüt­zen. Der Sän­ger spricht näm­lich von sei­nem Dasein als "Maschi­nen­mensch" und der Unfä­hig­keit, Gefüh­le zu emp­fin­den. Zei­len wie "Find' kei­ne Wor­te, alle klin­gen wie Blech" geben dies wie­der, Meta­phern wie "Schraub' mir die Augen aus den sil­ber­nen Höh­len" for­men ein Bild beim Hören. Als Beson­der­heit kommt der Track ganz ohne Drums aus, zieht mich jedoch dank piep­sen­der Synthie-​Klänge und ande­rer lei­ser rhyth­mi­scher Ele­men­te den­noch mit. Die­ser Umstand ist außer­dem der ein­zig­ar­ti­gen Stim­mung des Songs geschul­det. RAR ver­bin­det orga­ni­sche und syn­the­ti­sche Instru­men­te und schafft so trotz des schwer­mü­ti­gen The­mas ein woh­li­ges Sound­bild. Dazu kommt sei­ne Stim­me, in der immer eine Por­ti­on Melan­cho­lie mit­schwingt, wofür ich sowie­so ein Fai­ble habe.

RAR kom­bi­niert melan­cho­li­schen (Sprech-)Gesang mit einer fri­schen Klang­äs­the­tik und wird so zu einem Künst­ler, den ich aktu­ell häu­fig wei­ter­emp­feh­le. So, den­ke ich, könn­te er auch Rap-Hörer:innen gefal­len, beson­ders den­je­ni­gen, die sich für den vibi­gen Sound von New Wave-​Artists begeis­tern kön­nen. Drum 'n' Bass-​Fans lege ich zuletzt noch den "Liquid Mix" von "Maschi­nen­mensch" ans Herz, in dem RAR sei­nen eige­nen Track in einer trei­ben­den Fas­sung neu auflegt.

(Tim Herr)