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Kleptos – Klepto Maniefest

Egal, ob Album, Gratis-​Mixtape oder Lieb­lings­song – in unse­rer "Plat­ten­kis­te" stel­len wir Euch regel­mä­ßig die Per­len unse­rer redak­ti­ons­in­ter­nen Samm­lun­gen vor. Die­ses Mal: Klep­tos mit "Klep­to Maniefest".

"Was?! Du kennst das nicht? Sekun­de, ich such' dir das mal raus." Und schon öff­net sich die Plat­ten­kis­te. Wer kennt die­sen Moment nicht? Man redet über Musik und auf ein­mal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem:einer Künstler:in oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzu­fan­gen weiß. Und plötz­lich hagelt es Lob­prei­sun­gen, Hass­ti­ra­den oder Anek­do­ten. Gera­de dann, wenn der:die Gesprächspartner:in ins Schwär­men ver­fällt und offen zeigt, dass ihm:ihr das The­ma wich­tig ist, bit­tet man nicht all­zu sel­ten um eine Kost­pro­be. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Per­son so sehr am Her­zen zu lie­gen scheint. In die­sem Fall – was uns so sehr am Her­zen liegt: Ein Aus­zug aus der Musik, mit der wir etwas ver­bin­den, die wir fei­ern, die uns berührt. Ein Griff in unse­re Plat­ten­kis­te eben.

 

Ein schö­nes Bei­spiel für die Ver­bin­dung von deut­schem Rap und elek­tro­ni­scher Musik sind die Klep­tos aus Hal­le (Saa­le), die in ihrer Kunst femi­nis­ti­schen Rap mit tech­no­iden Break­beats ver­bin­den – so etwa auf ihrer ers­ten EP "Klep­to Manie­fest" von 2023.

Das Intro des Releases beginnt mit bekann­ten Klän­gen aus dem Titel­song der Kin­der­se­rie "Die Pfef­fer­kör­ner". Doch statt Detek­tiv­ar­beit machen die Rap­pe­rin­nen direkt ihre klep­to­ma­ni­sche Ver­an­la­gung deut­lich. Ähn­lich geht es auf "Bam­bu­le Ran­da­le" wei­ter. Statt Serien-​Sample gibt es hier jedoch eine blub­bern­de Acid-​Bassline als Unter­ma­lung zur Räu­ber­in­nen­mu­sik: "Gehe in den Laden und pro­bie­re eine Jacke an, dann geh' ich aus dem Laden und hab' immer noch die Jacke an." Klas­si­ker. Auf "För­zisch Grad" – hier mel­den sich im Song­ti­tel die hal­le­schen Roots – ist der Rap­per Par­tizan von der eben­falls hal­le­schen Band Ule­pusch­kin­ro­se als Feature-​Gast mit von der Par­tie. Die­ser pro­du­zier­te dazu auch vier der sechs Songs. Mei­ne eigent­li­chen High­lights der EP fol­gen direkt im Anschluss. Mit iro­ni­schen Zei­len wie "Bin gegen Sexis­mus, auf dem zwei­ten Flo­or spie­len Frau­en" weist das Duo auf "Macker­meer" auf ver­meint­lich femi­nis­ti­sches Macker­tum hin und har­mo­ni­siert neben­bei per­fekt mit dem Breakbeat-​Instrumental. Genau­so cool klingt "Schicht im Schacht" und hier wird noch mal direk­ter gegen unan­ge­neh­me Män­ner aus­ge­teilt. Dazu kommt ein Ohrwurm-​Refrain im Akrostichon-​Stil – Grü­ße an mei­ne Deutschlehrer:innen.

Das "Klep­to Manie­fest" trans­por­tiert wich­ti­ge Inhal­te und bringt außer­dem gro­ßen Spaß beim Hören. Fans der Kom­bi­na­ti­on aus elek­tro­ni­scher Musik und gesell­schafts­kri­ti­schem Rap kom­men hier somit voll auf ihre Kos­ten. Und ich war­te gespannt auf die nächs­ten Songs der Klep­tos – auch mit dem ego­is­ti­schen Gedan­ken, die Tracks selbst in DJ-​Sets einzubauen.

(Tim Herr)