Schon seit die HipHop-Kultur noch in den Kinderschuhen steckte, sind Samples ein essenzieller Teil von ihr. Von alten Klassikern bis hin zu aktuellen Charthits lassen sich in unzähligen Songs Elemente aus bereits existierenden Werken finden. Wem erging es noch nicht so, dass er beim Musikhören über einen bekannten Sound gestolpert ist und sich daraufhin den Kopf über dessen Herkunft zerbrochen hat? Oft beginnt damit eine spannende Suche nach der Originalaufnahme quer durch die Musikhistorie. Aus diesem Grund stellen wir uns in unserem diesjährigen Adventskalender die Frage "Who sampled who?" und öffnen täglich ein neues Türchen: Wir präsentieren Euch 24 verschiedene deutsche Rapsongs und betrachten die Samples, welche sich darin verbergen.
In den vergangenen Jahren hat sich OG Keemo seinen Platz in der Rapszene erkämpft und ist seither nicht mehr wegzudenken. Dabei immer an seiner Seite: Produzent Funkvater Frank, dessen Liebe für Sampling vielen bekannt ist. Das talentierte Mannheimer Tag-Team liefert regelmäßig ein Brett nach dem anderen. So auch im November 2019 mit dem Track "Geist" auf dem gleichnamigen Album.
Wer sich mit dem Schaffen der beiden befasst, weiß, dass diesem neben der herausragenden Lyrik von Keemo auch das unglaubliche Musikverständnis von Funkvater Frank zugutekommt – was letzterer unter anderem mit "Geist" unter Beweis stellt. Franky verwendet ein Sample aus dem Song "Free at Last? (The Civil War)" von Quincy Jones, der vor allem für seine Arbeit als Produzent von Michael Jackson bekannt wurde. Eingebaut wird ein Stück eines Streichinstruments, das mit beschleunigtem Tempo die Grundlage des Instrumentals darstellt. Der Song stammt aus dem Soundtrack der US-Miniserie "Roots", die zum ersten Mal im Jahr 1977 ausgestrahlt wurde. Die Geschichte der Serie spielt zur Mitte des 18. Jahrhunderts und handelt von mehreren Generationen einer afroamerikanischen Familie sowie deren düsterer Lebensrealität zu Zeiten des Sklavenhandels. Die passende Wahl des Samples ist gleichermaßen beeindruckend wie bedrückend. Genauso eindringlich wie das Instrumental ist das sich in der Hook ständig wiederholende Wort "Geist", welches Keemo einem regelrecht entgegendrückt. Unterstützt durch den gewohnt basslastigen Sound von Funkvater Frank hat das Duo damit einen Banger geschaffen.
OG Keemo, der in seinen Tracks seit jeher die Themen Diskriminierung und Unterdrückung behandelt, bietet immer wieder Einblicke in seine sowie die Realität vieler anderer Schwarzer Menschen. Franky komplettiert dieses Storytelling hervorragend mit Samples wie dem von Quincy Jones. Die Geschichte, die das Sample erzählt, sorgt auch zwei Jahre nach Release des Albums immer noch für einen unangenehmen, aber umso wichtigeren Denkanstoß.
(Johanna Kaatz)
(Grafik von Daniel Fersch)