"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Die Aussage "Das Auge isst mit" dürfte jedem bekannt sein, der schon mal vor einem Teller Muscheln oder einer ähnlichen Delikatesse saß, die nicht sonderlich schmackhaft aussieht. Firstar & Krey haben sich 2013 mit ihrem Album "Das Auge hört mit" hingegen einem anderen Zusammenhang dieser Art gewidmet: Allein schon das Cover ist eine Augenweide, wenn man hier den Bandsalat zwischen Jazzbesen und Mic sieht. Abgerundet durch ein Glas Wein daneben, in dem sich das Cover des vorigen Albums – "5Punkt1" – schwach spiegelt. Doch genug vom Augenschmaus, mehr zum Hörgenuss.
Wenn ich das Release des Duos aus Münster abspiele, fühle ich mich immer sofort wohl und wie an einen angenehm sommerlichen Tag am Wasser versetzt. Die beiden haben jeden Beat selbst produziert und die wohlig warmen Jazz-Samples mit Vocal Cuts bereichert, die alle nach Golden Era klingen. Garniert wird das Ganze noch mit einer Prise eigener Adlibs sowie einer kurzen Boom bap-Einlage und reicht kulinarisch von den im Rap üblichen Synthies bis hin zur Trompete. Hier kann ich die Augen schließen und sehe direkt nur schönste Landschaften vor mir, völlig losgelöst davon, worum es in den Texten eigentlich geht. Denn sowohl Firstar als auch Krey ergänzen mit ihren Stimmfarben und ihren lässigen Flows das musikalische Gesamtbild perfekt. Wenn ich aber die Augen öffne und ganz bewusst hinhöre, rappen die beiden von der Liebe zu HipHop, lassen tatsächlich oft Vergleiche aus dem Küchenbereich einfließen und fröhnen ihrem Backpackertum. Immer wieder mit Ohrwurmhooks gespickt sind die 25 Minuten Spielzeit schneller um, als man denkt.
Klar, wer sich den Titeltrack anhört, wird schnell merken, dass Firstar & Krey mit "Das Auge hört mit" etwas ganz anderes meinen als meine Interpretation. Denn dem Duo ging es eher darum, dass man das Hören von Rap leider meist mit nackten Frauen und zu großen Klamotten in den Videos verband. Aber ich für meinen Teil höre es einfach sehr gerne mit geschlossenen Augen und male mir meine eigenen Bilder zur Musik. Mit schönsten Panoramen und – entfernt am Horizont – zwei gut gelaunten Backpackern.
(Lukas Päckert)