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Interview

Teuterekordz – ein Gespräch über Berliner Rap-Crews

"Es sagt viel über Rap aus, dass man gleich als 'poli­ti­sche Crew' gilt, wenn man hier und da etwas Poli­ti­sches von sich gibt. Das ist eigent­lich ein Armuts­zeug­nis und zeigt, wie sel­ten sol­che The­men in der Musik ange­spro­chen wer­den." – Dis­po im Inter­view über die Außen­wahr­neh­mung von Teuterekordz.

Die Rap­per Dis­po, Eddy-​T, Sech­ser, Lucky, Beko und Modus bil­den den Kern der Rap-​Crew Teu­te­re­kordz aus dem Ber­li­ner Stadt­teil Prenz­lau­er Berg. Seit nun­mehr etwa fünf Jah­ren bewei­sen sie, dass sich Par­ty und poli­ti­sche Posi­tio­nie­rung nicht aus­schlie­ßen müs­sen und bewe­gen sich musi­ka­lisch irgend­wo zwi­schen Untergrund-​Rap, Tech­no­sound, deepen The­men und Trink­freu­dig­keit. Im April erschien mit "Zen­trum" das drit­te gemein­sa­me Album der Crew, auf dem sie nicht nur neue Geschich­ten aus dem Leben und der Jugend rund um den namens­ge­ben­den Teu­to­bur­ger Platz erzäh­len, son­dern mit dem Track "Bes­te Crew der Welt" auch ein State­ment für sich selbst set­zen. Umso tref­fen­der also, dass wir mit Dis­po und Sech­ser über ein The­ma spre­chen konn­ten, dass gera­de einen zwei­ten Som­mer zu erle­ben scheint: Ber­li­ner Rap-Crews.

MZEE​.com: Ber­li­ner Rap-​Crews gibt es wohl schon so lan­ge, wie es über­haupt Rap in Ber­lin gibt. Bevor wir zu euch selbst kom­men: Wel­che Grup­pen haben euer Auf­wach­sen geprägt und inspi­rie­ren euch viel­leicht noch heute?

Dis­po: Also bei uns wur­de immer Bass­boxxx gefei­ert. Das war auf jeden Fall eine legen­dä­re Grup­pie­rung. Was meinst du, Sechser?

Sech­ser: Als ich über unser The­ma nach­ge­dacht habe, ist mir auch auf­ge­fal­len, dass die­ses Crew-​Ding in Ber­lin immer sehr groß war. Es kom­men einem direkt Grup­pen wie die Sek­te, Aggro, Optik oder Beat­fa­brik in den Sinn. Man­che davon waren viel­leicht eher ein Label als eine Crew, aber die Grup­pe war immer prä­sent. Das ist es auch, was das The­ma für mich aus­macht: Man hat sein eige­nes Team und das steht immer im Zen­trum. Das ist bei uns als Grup­pe auch so. Womit ich mich frü­her am meis­ten iden­ti­fi­ziert habe, war eben­falls Bassboxxx.

Dis­po: Manch­mal sind es auch gar nicht die Rap-​Crews gewe­sen, mit denen man sich iden­ti­fi­ziert hat. Im Graf­fi­ti gab es zum Bei­spiel auch wel­che. Eini­ge davon haben spä­ter ange­fan­gen, auch zu rap­pen, und sind ins­ge­samt eher eine Art Mar­ke gewor­den. Aber es stimmt schon, die­ses Grup­pen­ding war in Ber­lin schon immer ein biss­chen präsenter.

MZEE​.com: Dann lasst uns mal über euch als Crew spre­chen. Der Track "2012" vom neu­en Album "Zen­trum" han­delt von eurer frü­hen Jugend und auch davon, wie ihr als Grup­pe zusam­men zum Rap gefun­den habt. Sonst ist gar nicht so viel über eure Geschich­te bekannt. Wollt ihr euren Weg als Teu­te­re­kordz mal grob nacherzählen?

Sech­ser: Dis­po und ich ken­nen uns schon seit dem Kin­der­gar­ten und des­halb am längs­ten, glau­be ich. Ein paar von den ande­ren kann­ten sich auch schon vor­her, über deren Eltern oder ande­re Freun­de. Eddy und Lucky wur­den so im Lau­fe der Schul­zeit ein­ge­sam­melt, Beko war auch bei Dis­po auf der Schu­le. Unge­fähr ab der ach­ten oder neun­ten Klas­se hat sich das dann gefes­tigt. Zur Grup­pe gehö­ren aber noch mehr Leu­te von damals. Einer macht mal Merch, einer mal Gra­fik, der ande­re ist unser Sound-​Atze. Etwas spä­ter kam dann auch noch Arko­na, der Bru­der von Modus und heu­te unser Haupt­pro­du­zent, hin­zu. Teu­te ist sozu­sa­gen ein Move­ment, das noch ein biss­chen grö­ßer ist als die sechs Gesich­ter. Viel Lie­be an all unse­re Leute!

MZEE​.com: Auf dem Track "2012" rappt Lucky, dass er seit der fünf­ten Klas­se Stress mit Leh­rern hat­te, mehr­fach von der Schu­le flog und früh mit diver­sen Sub­stan­zen Kon­takt hat­te. Sech­ser, in dei­nem Part heißt es hin­ge­gen: "Ich kam immer ziem­lich easy in der Schu­le mit, hing mit 14 noch nicht auf dem Teu­te zuge­kifft." – Mir scheint, als hät­ten sich bei euch doch recht ver­schie­de­ne Cha­rak­te­re zusam­men­ge­fun­den. Ist das so?

Sech­ser: Ja, viel­leicht. Ich fand es cool, genau das mal zu erzäh­len. Für mich ist das des­halb auch der heim­li­che Titel­track des Albums. (über­legt) Ich glau­be, ich war noch einer der Net­te­ren in der Crew. Mich konn­ten die Leh­rer noch am ehes­ten lei­den. (grinst)

Dis­po: Stress wegen Kif­fen oder einen Tadel in der Schu­le hat­ten wir alle mal, aber was das angeht, kam Sech­ser wirk­lich am meis­ten klar. Bei Beko und Lucky ging es lang­sam los, als wir gemein­sam in der sieb­ten und ach­ten Klas­se waren. Wobei ich es ehr­li­cher­wei­se nicht so wahr­neh­me, dass wir krass unter­schied­lich waren, was Schei­ße­bau­en angeht. Sech­ser ist halt ein klei­nes Genie, des­we­gen hat­te er am wenigs­ten Pro­ble­me in der Schu­le. Ansons­ten war das bei den meis­ten von uns ein typi­scher Proll-​Werdegang. Ohne gro­ße Kri­mi­na­li­tät, aber eben der typi­sche Ber­li­ner Weg: früh raus­ge­hen und Sachen machen, anstatt im Kin­der­zim­mer zu chillen.

Sech­ser: Ich hab' dann auf jeden Fall auch noch mei­ne Sün­den began­gen und, was das angeht, ein biss­chen auf­ge­holt. (lacht)

MZEE​.com: Seit etwa fünf Jah­ren gibt es jetzt eure Crew Teu­te­re­kordz in die­ser Zusam­men­set­zung. In der Zeit sind bereits meh­re­re Alben, EPs und klei­ne­re Pro­jek­te ent­stan­den. Was ist das ver­bin­den­de Ele­ment, das euch zusammenhält?

Dis­po: Na, das sind ein­fach wir selbst. Natür­lich hat jeder sei­nen Cha­rac­ter, aber am Ende sind wir eine Crew und machen alles, was wir machen, zusam­men. Wir sind ja nicht so eine ran­dom Band, bei der der Bas­sist irgend­wann neu dazu­kam und man gleich­zei­tig hofft, dass der doo­fe Gitar­rist auch bald weg ist.

Sech­ser: Natür­lich ist es schon die Musik, die sich bei uns fast von Anfang an als ver­bin­den­des Ele­ment durch­zieht. Wir haben auch schon zu Schul­zei­ten etwas auf­ge­nom­men. Davon ist zwar nichts auf Spo­ti­fy gelan­det, aber trotz­dem sind da eini­ge legen­dä­re Tracks dabei, die man sich ger­ne mal abends zusam­men anhört. Die gemein­sa­men Erfah­run­gen sind das, was uns ver­bin­det. Man ent­wi­ckelt auch einen eige­nen Humor zusam­men und ver­steht sei­ne alten Freun­din­nen und Freun­de anders als Leu­te, die man erst seit kür­ze­rer Zeit kennt. Das alles hat eine hohe Bedeu­tung bei uns.

MZEE​.com: Auch wenn es, wie ein­gangs gesagt, kein neu­es Phä­no­men ist, habe ich den Ein­druck, dass es in den letz­ten Jah­ren gera­de in Ber­lin einen Trend zur Crew gibt. Neben euch den­ke ich da zum Bei­spiel an BHZ, RAPK und Glen­Gang. Nehmt ihr da auch einen Trend wahr?

Sech­ser: (über­legt) Ja, es kann echt sein, dass das zwi­schen­drin ein biss­chen weni­ger wur­de. Also zwi­schen der Bassboxxx-​Zeit und jetzt.

Dis­po: In mei­ner Wahr­neh­mung ist das auch gera­de ein Phä­no­men, aber viel­leicht liegt das auch dar­an, dass all­ge­mein viel mehr Leu­te Musik machen als frü­her. Es gibt von allem viel mehr, nicht nur auf Crews bezo­gen. Einen Track raus­zu­brin­gen, der sich gut anhört, ist heu­te viel ein­fa­cher, als es ein­mal war. Des­halb erschei­nen nicht nur Crews, son­dern auch stän­dig neue Ein­zel­künst­ler. Es kann auch sein, dass einer in der Schul­zeit mit Rap anfängt und dann eige­ne Freun­de nach­zie­hen und ein Grup­pen­ding dar­aus wird. Man muss nicht mehr zu irgend­ei­ner Jam nach Bay­ern fah­ren, um Leu­te dafür kennenzulernen.

Sech­ser: Schö­ne Grü­ße an die­ser Stel­le an alle ande­ren Crews!

MZEE​.com: Wie stark ver­netzt seid ihr untereinander?

Dis­po: Ich glau­be, das ist zwi­schen Crews nicht anders als zwi­schen Ein­zel­künst­lern. Man hat eben sei­ne Berüh­rungs­punk­te, wo man ande­re ken­nen­lernt, zum Bei­spiel auf Fes­ti­vals. Mit Glen­Gang machen wir viel Musik zusam­men, die haben wir aus dem pri­va­ten Umfeld her­aus schon recht früh kennengelernt.

Sech­ser: Ansons­ten sind wir mit den meis­ten cool und haben über ein­zel­ne Fea­tures mit den meis­ten auch schon Tracks gemacht. PA69 sehen wir bei­spiels­wei­se auch recht häufig.

Dis­po: Ein Punkt, an dem man sich viel­leicht wirk­lich gut mit ande­ren Crews con­nec­tet, ist das The­ma Live-​Auftritte. Wenn PA69 auf der Büh­ne sind, haben die auch so eine kras­se Ener­gie. Das passt im Live-​Bereich dann gut zu uns und es bie­tet sich an, etwas zusam­men zu machen.

MZEE​.com: Was macht das Dasein als Grup­pe in euren Augen besonders?

Sech­ser: Du hast ein­fach rich­tig gei­le Live-​Erlebnisse, das macht für mich echt viel aus. Das ist wie auf Klas­sen­fahrt. Ich habe noch nie jeman­den aus einer Crew getrof­fen, der kei­nen Bock auf Live-​Auftritte hat­te. Bei Leu­ten, die allein sind, hört man das schon ab und zu. Für Leu­te aus Crews bedeu­tet eine Tour ein­fach nur Spaß und gemein­sa­mes Fei­ern. Wenn ihr mit uns Spaß haben wollt, kommt auf unse­re Tour im Oktober!

Dis­po: Und kauft unser neu­es Buch! Nein, Spaß. (lacht)

MZEE​.com: In Ber­lin iden­ti­fi­ziert man sich oft stark mit dem eige­nen Stadt­teil. Ihr tragt euren "Teute"-Kiez sogar im Namen. Seht ihr euch pri­mär als Ber­li­ner Rap-​Crew oder als Crew vom Prenz­lau­er Berg?

Sech­ser: Bei­des. Ber­lin ist schon der größ­te Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fak­tor. Aber man repre­sen­tet auch alles ande­re, was einen geprägt hat und was man gut kennt.

MZEE​.com: Sech­ser, in einem ande­ren Inter­view sag­test du, dass du es fei­erst, "wenn atzi­ge Rap­per auch mal 'nen poli­ti­schen Part kicken und ihren Cha­rac­ter auch mal sol­che The­men anpa­cken las­sen". Ist die poli­ti­sche Kom­po­nen­te das, was euch als Crew aus­macht und viel­leicht auch von ande­ren unterscheidet?

Sech­ser: (über­legt) Na ja, man rappt halt über das, was einen beschäf­tigt und was man erlebt. Ich selbst war schon immer viel auf Demos unter­wegs und brin­ge sol­che The­men des­halb mit hin­ein. Aber ande­re drop­pen ja auch poli­ti­sche State­ments. Hör dir mal "Pla­net Kum­pel" von $ONO$ CLIQ an, das ist echt geil und auch poli­tisch. Wir wer­den im Ver­gleich mit ande­ren wahr­schein­lich schon stark mit poli­ti­schen The­men ver­bun­den und auch oft dar­auf ange­spro­chen, das stimmt. Wobei das für uns als Teu­te gar nicht unbe­dingt im Fokus steht. Viel­leicht fällt das Poli­ti­sche bei uns mehr auf, als es eigent­lich Anteil hat.

Dis­po: Ich sehe uns auch nicht als so krass poli­tisch, des­halb fin­de ich es immer inter­es­sant, das zu hören. Es sagt sehr viel über Rap und Hip­Hop aus, dass man gleich als "poli­ti­sche Crew" gilt, nur weil man hier und da etwas Poli­ti­sches von sich gibt. Das ist eigent­lich ein Armuts­zeug­nis und zeigt, wie sel­ten sol­che The­men in der Musik ange­spro­chen wer­den. Es ist ja nicht ein­mal so, dass wir stän­dig dar­über rap­pen, son­dern nur hier und da mal ein bisschen.

MZEE​.com: Du sprichst von einem "Armuts­zeug­nis". Wünscht ihr euch, dass von den ande­ren auch mehr poli­ti­sche State­ments kom­men, sei es in der Musik oder auch im Han­deln als Grup­pe abseits davon?

Dis­po: Da muss man fair sein. Ich habe das Gefühl, dass das schon mehr wird. Vor allem bei der jün­ge­ren Gene­ra­ti­on, OG LU zum Bei­spiel, wird es als selbst­ver­ständ­lich gese­hen, sich zu bestimm­ten The­men zu äußern. Es ist aber auch so, dass gera­de die poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen in den letz­ten Jah­ren hef­ti­ger sind als vor­her und vie­le Men­schen sich zwangs­wei­se mit Sachen beschäf­ti­gen müs­sen. Wir haben nicht mehr 2007 und alles ist ver­gleichs­wei­se gut. Des­we­gen wird das gera­de mehr, glau­be ich. Die Fra­ge ist nur, ob es mehr vom Guten wird oder ob Leu­te sich dar­in auch ein biss­chen ver­ren­nen. Aber natür­lich wäre es schön, wenn sich auch eine Hele­ne Fischer oder Rap­per mit ähn­li­cher Reich­wei­te mal kon­kret zu The­men äußern. Wobei man bei man­chen Leu­ten wahr­schein­lich froh ist, wenn sie sich nicht äußern.

Sech­ser: Für mich ist das Poli­ti­sche immer eine Fra­ge davon, ob man in einer Schub­la­de ste­cken möch­te oder nicht. Du fängst ein­mal damit an und wirst direkt von eini­gen gefei­ert, von ande­ren aber auch geha­tet. Dann gibt es zwei Mög­lich­kei­ten: Ent­we­der du machst es erst recht und gehst aufs Gan­ze oder du lässt es lie­ber blei­ben, weil du kei­ne Fans ver­grau­len willst. Was ja auch ver­ständ­lich ist.

Dis­po: Ja, vie­le haben ein­fach kei­nen Bock, in so einer Schub­la­de zu ste­cken und sich dann jedes Wort im Mund umdre­hen las­sen zu müs­sen, glau­be ich. Man­che sind viel­leicht auch ein­fach unpo­li­tisch und sagen: "Ich habe nicht zu allem eine Mei­nung und will nie­man­dem vor­schrei­ben, was die rich­ti­ge Mei­nung ist." Ich habe auch all­ge­mein nicht das Gefühl, dass Rap ein beson­ders poli­tisch kor­rek­tes Gen­re ist. Aber das wird sich auf jeden Fall ändern.

Sech­ser: Ich fei­er' es jeden­falls immer, wenn ich mer­ke, dass sich jemand um etwas küm­mert. Hal­tung kann man ja nicht nur öffent­lich zei­gen. Man könn­te zum Bei­spiel ein Awareness-​Team bei Kon­zer­ten auf­stel­len oder sei­nen Mund auf­ma­chen, wenn sich jemand unkor­rekt ver­hal­ten hat. Es geht nicht immer nur um gro­ße poli­ti­sche Mei­nun­gen, son­dern auch dar­um, etwas Klei­nes im eige­nen Mikro­kos­mos zu bewegen.

MZEE​.com: Egal, ob Crews oder Solo-​Artists: Was macht Ber­lin als Rap-​Standort im Jahr 2024 in euren Augen aus?

Dis­po: Puh, ich weiß gar nicht, ob es da noch krass viel Abgren­zung zu ande­ren Ecken in Deutsch­land gibt. Natür­lich ist es nach wie vor der cools­te Rap, ist ja klar. (grinst) Er ist viel­sei­tig. Es ist eine gro­ße Stadt mit vie­len krea­ti­ven Men­schen, des­halb ist hier für jeden etwas dabei. Es gibt Rei­che und Arme, es gibt klas­si­schen Gangs­ter­rap und Stu­den­ten von der Kunst-​Uni, die Rap machen.

Sech­ser: Ja. Es gibt nach wie vor viel zu erle­ben und viel Inspi­ra­ti­on in Ber­lin. Wenn ich zum Bei­spiel mit MCE von 7030 Records aus Leip­zig quat­sche, mer­ke ich, dass es hier auch ein­fach viel mehr Infra­struk­tur gibt. Die Labels, Booking-​Agenturen, Pro­du­zen­ten, all das hast du erst ab einer gewis­sen Grö­ße einer Stadt. Da kann man sich glück­lich schät­zen, in so einem Öko­sys­tem zu wohnen.

MZEE​.com: Anfang des Jah­res haben wir alle die trau­ri­ge Nach­richt über den Tod von BHZ-​Mitglied Pablo Grant ali­as Dead Dawg erfah­ren. Wel­che Lücke hin­ter­lässt sein Ver­lust in der Szene?

Dis­po: Das kann ich eigent­lich gar nicht beant­wor­ten, glau­be ich. Die größ­te Lücke hin­ter­lässt er mit Sicher­heit bei sei­ner Crew, die damit umge­hen muss.

Sech­ser: Mir tut es unfass­bar leid. Rest in Peace. Auch wenn ich ihn musi­ka­lisch zuge­ge­be­ner­ma­ßen nicht so ver­folgt habe, habe ich mir Arti­kel über ihn durch­ge­le­sen. Er war auf jeden Fall ein kras­ser Künst­ler. Aber es stimmt, ande­re kön­nen die Lücke, die er hin­ter­lässt, sicher­lich noch bes­ser begreifen.

MZEE​.com: Lasst uns zum Abschluss über die Zukunft spre­chen. Wel­che Ent­wick­lung erhofft ihr euch für die Sze­ne in der Stadt und wie wollt ihr die­se als Teu­te­re­kordz mitprägen?

Sech­ser: Dar­über habe ich mir schon mal Gedan­ken gemacht. Wir brau­chen mehr Crews, die nicht so männ­lich domi­niert sind. Das sind alles sol­che Pim­mel­ban­den so wie wir auch. Es wäre bestimmt coo­ler, wenn es mehr weib­li­che oder ein­fach durch­misch­te Grup­pen geben wür­de. In Leip­zig ist das zum Bei­spiel schon gang und gäbe, aber sonst ist da noch Luft nach oben. Das ist viel­leicht nicht das, was wir direkt mit­be­stim­men kön­nen, aber als Kon­su­ment wür­de ich es fei­ern. Wenn ich Deutschrap höre, dann meis­tens von Frau­en. Was erhof­fen wir uns ansons­ten noch? (über­legt) Klar, die Revo­lu­ti­on. Oder so.

Dis­po: Und Frie­den für alle. Wir wol­len natür­lich wei­ter Musik machen und auch wei­ter­hin poli­ti­sche State­ments abge­ben. In Bezug auf Rap glau­be ich, dass sich das, was man dar­un­ter ver­steht, wei­ter­ent­wi­ckeln wird und sich auch in Zukunft span­nen­de Künst­ler etwas Neu­es aus­den­ken wer­den. Uns wird allen nicht lang­wei­lig werden.

Sech­ser: Was ich außer­dem hof­fe, ist, dass zukünf­tig ein Künst­ler unter­schied­li­che Musik machen kann. Das ver­schwin­det durch Strea­ming ein biss­chen. Du hast mit einem Hit eine Art Erfolgs­re­zept und musst dann immer wie­der den glei­chen Song machen, damit der Algo­rith­mus das checkt. Ich hof­fe, dass wir nicht wei­ter in die­se Rich­tung gehen und man zukünf­tig mal ein Album so und das nächs­te ganz anders machen kann und den­noch sei­ne Leu­te damit erreicht. Das ver­su­chen wir jedenfalls.

(Enri­co Gerharth)
(Fotos von Phil­ipp "Glad­so­me" Fröhlich)