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Kommentar

Dead Dawg: ein Nachruf

An die­ser Stel­le möch­ten wir an den Rap­per Dead Dawg erin­nern. Er ist am 06. Febru­ar 2024 von uns gegan­gen und hat mit sei­ner Solo-​Musik und als Teil der Crew BHZ die deut­sche Rap­sze­ne der letz­ten Jah­re geprägt.

Ich bin allein auf der Welt.
Denn ich bin der klei­ne Prinz.

Am 06. Febru­ar 2024 ging der deut­schen HipHop-​Szene ein begna­de­ter Rap­per viel zu früh ver­lo­ren: Dead Dawg – bür­ger­lich Pablo Grant – ver­starb im Alter von 26 Jah­ren an den Fol­gen einer Throm­bo­se. Der jun­ge Ber­li­ner, vor allem als Mem­ber der Crew BHZ bekannt, hat nicht nur eine gan­ze Rap-​Generation geprägt, son­dern auch Musik erschaf­fen, die nicht ver­ges­sen wer­den soll­te. Im Fol­gen­den möch­te ich erläu­tern, was sein musi­ka­li­sches Schaf­fen so beson­ders wer­den ließ, und mein tiefs­tes Bei­leid aussprechen.

Das ers­te Mal, dass ich mit BHZ in Berüh­rung kam, war in einer U-​Bahn. Ein Kol­le­ge ver­such­te mir zu erklä­ren, was ihn an die­ser "span­nen­den" Untergrund-​Crew aus Ber­lin so fas­zi­nier­te ­– und ich habe es kein biss­chen ver­stan­den. Bis zu dem Zeit­punkt, als ich das Video von "Schlie­ße die Augen" zum ers­ten Mal gese­hen habe. Big Pat, Monk, Longus Mon­gus, Ion Miles und Dead Dawg lau­fen durch ihre Hood, wäh­rend immer wie­der Live-​Aufnahmen von Kon­zer­ten ein­ge­blen­det wer­den. Rück­bli­ckend ist wahr­schein­lich nicht so gut zu ver­ste­hen, wie­so das Gan­ze so beson­ders war, doch der Vibe war ein­fach anders. Im End­ef­fekt geht es in den meis­ten Songs der Ber­li­ner dar­um, Par­ty zu machen – lei­der auch oft gepaart mit plum­pem Sexis­mus. Sie wir­ken aber auch wie rich­tig gute Freun­de, die ein­fach Spaß dar­an haben, etwas zusam­men zu erschaf­fen. Und die ihr wil­des Par­ty­le­ben auch noch in Geld umwan­deln kön­nen. Dead Dawg moch­te ich schon früh beson­ders gern, weil er für mich der ers­te Künst­ler von BHZ war, der mit dem Party-​Image brach. Mit sei­ner Solo-​Musik zeig­te er unter ande­rem, dass auch Jungs von der Stra­ße ver­träumt sein und Gefüh­le zei­gen kön­nen. Dass hin­ter dem Exzess ein Mensch ste­cken kann, der vor dunk­le­ren Gedan­ken anhand von Eska­pis­mus flieht. Ob das auf sei­nen Songs "klei­ner prinz" oder "Spie­le am Kla­vier" war – mit Zei­len wie: "Wenn wir uns irgend­wann strei­ten, bist du der Letz­te, den ich nicht lie­be. Du hast Trie­be, du willst mich töten und ich will dich lie­ben" oder "Ich schreib' ein Lied nur für dich und du beglei­test mich. Spiel nicht die schwar­zen Töne, sie machen mich trau­rig" hat es Dead Dawg immer wie­der geschafft, auch unab­hän­gig sei­nes Kon­glo­me­rats her­vor­zu­ste­chen. In einem Inter­view mit Aria Neja­ti erklär­te er mal, dass er für die Auf­nah­men sei­nes zwei­ten Albums mit dem Pro­du­zent MotB zusam­men­ge­zo­gen sei, weil er sich in einem Stu­dio mit frem­den Men­schen nicht öff­nen konn­te. Er hat­te kein Pro­blem damit zuzu­ge­ben, dass er die Inti­mi­tät unter Freun­den brauch­te, um per­sön­li­che Din­ge aufs Blatt zu brin­gen und gute Musik machen zu kön­nen. Und das sagt ver­mut­lich mehr über sei­ne Musik, als ich es je könnte.

Micha­el Ebert schrieb in sei­nem Roman "Nicht von die­ser Welt", dass Trau­er Lie­be sei, die kein Zuhau­se mehr hat. Bei Künstler:innen ver­hält sich das ein wenig anders: Die Lie­be zur Musik der Ver­stor­be­nen kann unend­lich lan­ge wei­ter­le­ben. Ruhe in Frie­den, klei­ner Prinz. Auf dass dei­ne Songs noch ewig gehört werden.

(Yas­mi­na Rossmeisl)
(Gra­fik von Dani­el Fersch)