Ich war gestern in Rostock.
Wir von der Ver.di Jugend hatten einen schönen Plan ersonnen. Die Nazi-Route sollte direkt am Gewerkschaftshaus durch die August-Bebel Straße führen und deren Plan sah vor, dass sie sich für eine Kundgebung natürlich direkt vor dem Haus versammeln wollten.
Nun hatten wir dies geplant und angemeldet: Dicke Boxen aufm Dach und sobald die Nazis mit ihren Reden anfangen, wollten wir dies mit unserer Musik übertönen. Da sich in der playlist auch solche gute-Laune-Bretter wie Schnappi befanden, sahen wir dem Erfolg unseres Planes wohlgemut entgegen. Die Polizei, die seit dem Vortag schon ein sehr genaues Auge auf das Gewerkschaftshaus geworfen hatte, mischte sich dann aber naturgemäß ein. Sie stellten die Bedingung auf, dass ne Handvoll Beamte, unser Treiben zu überwachen hätten und ließen uns die Wahl, dass wir entweder die ganze Zeit 5 Polizisten mit aufs Dach lassen oder, dass sie unser Haus mit nem SEK stürmen, sobald wir die Lautstärke aufdrehen.
Wir stimmten zähneknirschend ersterem zu und Ingo Schlüter, DGB Chef von M-P handelte dann aus, dass wir hübsch mind. ne Viertelstunde den Glatzen unsere Musik präsentieren dürften.
Gegen 14:00 Uhr wälzte sich die Schar von 1.200 NPD'lern in unsere Richtung.
Sie hatten sich dann, diszipliniert wie eine römische Legion, in 100er Blöcken in einem großen Pulk auf dem Vorplatz versammelt und fingen sofort an, uns zu verhöhnen und ihre Parolen zu gröhlen, garniert mit kurzen Sprecheinlagen ihrer Bonzen.
Wir wollten dem dann entgegentreten, aber die Polizei untersagte kurzerhand die Aktion, die den ganzen Tag genehmigt war. Gründe wurden wie immer keine genannt. Aber natürlich war unsere Aktion wohl nie wirklich gewollt, is ja klar. Wir waren natürlich bedient und durften uns dann ne halbe Stunde deren Musik, deren mordlustige Sprechchöre und sonstige Hasstiraden reinziehen, ohne uns wehren zu können.
Da konnte es uns auch nicht trösten, dass unser aller Konstantin Wecker sich mit uns solidarisierte und zusammen mit uns auf dem Dach stand und den Erbsenköpfen den Stinkefinger entgegenstreckte. Anschließend als die DGB Spitzen dann zur Pressekonferenz wollten, ist er allerdings verlorengegangen, weil er alleine durch die Kellerräume geirrt ist
Das war mal wieder so ein Beispiel dafür, dass den Nazis vielzuviel erlaubt wird und man nichts dagegen in der Hand hat, wenn es erst mal erlaubt wurde.
Wir hatten ein friedlichen Protest geplant, eine gute Aktion in meinen Augen, aber die Polizei wusste dies mal wieder zu verhindern, während die Nazis laufen dürfen wie sie wollen, Krach machen dürfen wie sie wollen und uns 100mal ins KZ wünschen dürfen wie sie wollen.
Das gibt einem mal wieder zu denken und wenn dir wieder und wieder so etwas passiert, dann bist du irgendwann so sauer, dass du zu gewaltsamen Protesten bereit bist.
Edit: Der eigentliche Hammer war aber später: Wir waren dann nach unserer Aktion zu bedient, dass wir sofort zum Bahnhof sind und zurück nach Kiel fahren wollten. Die Nazi demo war uns im nacken und wir hatten schon Angst, dass die es noch in die Züge schaffen. Aber dann zogen sie am bahnhof vorbei und wir atmeten schon im Zug sitzend auf. Dann verstrich aber die Abfahrtszeit und der Zug blieb einfach im Bahnhof. Und dann: Behütet und abgeschirmt von der Polizeit wurde ein riesiger Schwung Nazis doch noch in unseren Zug geleitet. Wir dachten, wir schauen nicht richtig. da hatte der Zug extra solange gewartet, bis die Glatzen am Bahnhof sind.
Und der Skandal war, dass sich im Zug auch recht viele Autonome befanden, zu denen die Polizei jetzt ungefaähr 200 Nazis steckte. Sofort füllten sich die Abteile mit diesem Pack und nun saßen Autonome neben Glatzen. Es befand sich zudem kein einziger Polizist im Zug. Nach dem Motto: Glatzen rein, Linke rein, was ihr während der nach-Hause-Fahrt macht ist uns shitegal. Dazwischen dann viele total verängstigte Bürger, die damit rechnen mussten, zwischen die Fronten zu geraten.
Das ist in meinen Augen ein Skandal. Natürlich kam es prompt zu kleineren Scharmützeln, aber bis Bad Kleinen blie es in unserem Abteil dabei und dann sind wir raus und die sind weiter nach Schwerin bzw. Hamburg