Ralf Kotthoff
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sozusagen ein Programmhinweis für heute abend:
HipHop ist Widerstand
"Tracks spezial" spürt der Geschichte des Rap in den USA und Europa nach
Sassan Niasseri
"What you hear is not a test, I'm rappin' to the beat/ and me, the groove, and my friends/ are gonna try to move your feet" - diese Zeile stammt aus dem Song "Rappers's Delight" der "Sugarhill Gang". Der Text war nicht ausschließlich als Tanzeinladung gemeint; vielmehr sahen die Rapper es als ihre Aufgabe, dem Hörer das System des neuartigen Sprechgesangs nahezubringen. Der an Disco-Musik gewöhnte Hörer musste behutsam an die Hand genommen werden.
Damals schlummerte Rap noch in den Ghettos von New York; seine Beats kursierten in der Graffiti-und Breakdance-Szene. Das war 1979. Heute, über zwanzig Jahre später, gelten Rap und HipHop als die Avantgarde der Black Music. Die "Sugarhill Gang" war die erste Aufsehen erregende Rap-Band, und sie bildet auch den Auftakt von "HipHop", einer Dokumentation der Arte-Themenreihe "Tracks" heute abend um 19 Uhr. Anhand von Musikvideos und Zeitzeugen wird die Geschichte des Grooves nacherzählt. Neue Erkenntnisse bietet die Dokumentation dabei kaum; eine befriedigende Erklärung von Rap als gesellschaftliches Phänomen, als Ausdruck einer Kontra-Haltung, bleibt weitgehend aus. Einzig der Ausschnitt aus "Straight Outta Compton", ein Clip der HipHop-Gruppe N.W.A., zeigt, was den Slum-Alltag schwarzer Jugendlicher ausmacht - und was der Ausgangspunkt ihrer Rebellion ist: Widerstand gegen staatliche Willkür, der Kampf gegen brutale Polizisten. Denn selbst Chuck D., ein prominenter Intellektueller unter den Rappern, gerät zum Stichwortgeber: "Ich kann es nicht mehr sehn, wie sich schwarze Menschen zur Unterhaltung von weißen gegenseitig umbringen." Bandenkrieg als ein von den Medien provoziertes Kultur-Happening, das die Albumverkäufe anregt: eine wichtige These, der die Dokumentation nicht nachgeht.
Aber "HipHop" hat auch gute Momente. Nämlich dann, wenn gezeigt wird, wie die Avantgarde auf den Mainstream trifft, wie HipHop und Rock aufeinanderprallen: Im Clip zu ihrem Song "Rapture" (1980) stellt die New Wave-Diva Debbie Harry sich vor einem Turntable auf, dem Arbeitsgerät des DJs - damals noch eine technische Neuheit. Fab Five Freddy, die Graffiti-Ikone der frühen Achtziger, steht nun hinter diesem Pult. Debbie Harry guckt ihm in die Augen; dann fängt sie an zu rappen. Sie hatte gerade der Zukunftsmusik in die Augen geblickt.
Am Ende kommen auch fränzösische und deutsche HipHop-Künstler, wie die Saian Supa Crew, Afrob oder Thomas D., zu Wort. Die gesellschaftlichen Einflussmöglichkeiten und ihre Funktion als Sprachrohr der Minderheiten europäischer Rapper sind - verglichen mit amerikanischen - Fußnoten in der Geschichte. Umso unverständlicher ist es, dass Thomas D. ausführlich von seinem neuen Album erzählen darf, während der Stuttgarter Afrob gleich mit mehreren Ausschnitten seiner Musikvideos gewürdigt wird. So entsteht ein missverständlicher Schwerpunkt innerhalb der Dokumentation. Die Macher des "Tracks"-Spezials haben hier wohl nur auf den Werbeeffekt geschielt: Thomas D. und die Saian Supa Crew sind die Zugpferde des "HipHop Franco Allemand"-Festivals in der Völklinger Hütte, das Arte am 16.6. live überträgt.
Freitag, Arte, 19 Uhr, Tracks spezial: HipHop
Quelle
HipHop ist Widerstand
"Tracks spezial" spürt der Geschichte des Rap in den USA und Europa nach
Sassan Niasseri
"What you hear is not a test, I'm rappin' to the beat/ and me, the groove, and my friends/ are gonna try to move your feet" - diese Zeile stammt aus dem Song "Rappers's Delight" der "Sugarhill Gang". Der Text war nicht ausschließlich als Tanzeinladung gemeint; vielmehr sahen die Rapper es als ihre Aufgabe, dem Hörer das System des neuartigen Sprechgesangs nahezubringen. Der an Disco-Musik gewöhnte Hörer musste behutsam an die Hand genommen werden.
Damals schlummerte Rap noch in den Ghettos von New York; seine Beats kursierten in der Graffiti-und Breakdance-Szene. Das war 1979. Heute, über zwanzig Jahre später, gelten Rap und HipHop als die Avantgarde der Black Music. Die "Sugarhill Gang" war die erste Aufsehen erregende Rap-Band, und sie bildet auch den Auftakt von "HipHop", einer Dokumentation der Arte-Themenreihe "Tracks" heute abend um 19 Uhr. Anhand von Musikvideos und Zeitzeugen wird die Geschichte des Grooves nacherzählt. Neue Erkenntnisse bietet die Dokumentation dabei kaum; eine befriedigende Erklärung von Rap als gesellschaftliches Phänomen, als Ausdruck einer Kontra-Haltung, bleibt weitgehend aus. Einzig der Ausschnitt aus "Straight Outta Compton", ein Clip der HipHop-Gruppe N.W.A., zeigt, was den Slum-Alltag schwarzer Jugendlicher ausmacht - und was der Ausgangspunkt ihrer Rebellion ist: Widerstand gegen staatliche Willkür, der Kampf gegen brutale Polizisten. Denn selbst Chuck D., ein prominenter Intellektueller unter den Rappern, gerät zum Stichwortgeber: "Ich kann es nicht mehr sehn, wie sich schwarze Menschen zur Unterhaltung von weißen gegenseitig umbringen." Bandenkrieg als ein von den Medien provoziertes Kultur-Happening, das die Albumverkäufe anregt: eine wichtige These, der die Dokumentation nicht nachgeht.
Aber "HipHop" hat auch gute Momente. Nämlich dann, wenn gezeigt wird, wie die Avantgarde auf den Mainstream trifft, wie HipHop und Rock aufeinanderprallen: Im Clip zu ihrem Song "Rapture" (1980) stellt die New Wave-Diva Debbie Harry sich vor einem Turntable auf, dem Arbeitsgerät des DJs - damals noch eine technische Neuheit. Fab Five Freddy, die Graffiti-Ikone der frühen Achtziger, steht nun hinter diesem Pult. Debbie Harry guckt ihm in die Augen; dann fängt sie an zu rappen. Sie hatte gerade der Zukunftsmusik in die Augen geblickt.
Am Ende kommen auch fränzösische und deutsche HipHop-Künstler, wie die Saian Supa Crew, Afrob oder Thomas D., zu Wort. Die gesellschaftlichen Einflussmöglichkeiten und ihre Funktion als Sprachrohr der Minderheiten europäischer Rapper sind - verglichen mit amerikanischen - Fußnoten in der Geschichte. Umso unverständlicher ist es, dass Thomas D. ausführlich von seinem neuen Album erzählen darf, während der Stuttgarter Afrob gleich mit mehreren Ausschnitten seiner Musikvideos gewürdigt wird. So entsteht ein missverständlicher Schwerpunkt innerhalb der Dokumentation. Die Macher des "Tracks"-Spezials haben hier wohl nur auf den Werbeeffekt geschielt: Thomas D. und die Saian Supa Crew sind die Zugpferde des "HipHop Franco Allemand"-Festivals in der Völklinger Hütte, das Arte am 16.6. live überträgt.
Freitag, Arte, 19 Uhr, Tracks spezial: HipHop
Quelle