wie versprochen:
TEIL 14
Die folgenden Tage versprachen in der Tat sehr geruhsam zu werden. Wir hatten genug Zeit, unsere Planungen in Ruhe angehen zu können und zu meiner ganz persönlichen Freude, erreichte mich beizeiten ein Anruf aus Good Ol Germany, für den meine Freundin zwar 120 DM bezahlen sollte, mir aber mitteilte, dass sie nun doch kommen konnte und zwar war der 23.12. als Ankunftstermin auserkoren.
Thorstens Freundin hatte ihre Ankunft auf genau eine Woche später gelegt.
Nun ging es darum, vernünftige Aktivitäten für die gemeinsame Zeit auf die Beine zu stellen, schließlich wollten wir nicht die ganze Zeit bei Jésus in Caracas abhängen.
Nach langem Forschen in verschiedenen Reiseführen wählten wir schließlich die Isla Margarita als perfekten Platz aus, sich es mal richtig gut gehen zu lassen.
Es war aber noch Zeit bis dahin und so konzentrierten wir uns zum einen darauf, einen früheren Rückflugtermin bei der Lufthansa zu buchen. Diesem Gespräch hatten wir ja schon seit langem mit gemischten Gefühlen entgegen geblickt, weil unser Ticket eigentlich nicht umbuchbar war.
Wir liefen aber trotzdem in der Lufthansa Niederlassung in Caracas auf, welche auch nur aus einem kleinen Schalter in einem riesigen Bürohochhaus bestand. Die diensthabende Sachbearbeiterin erwies sich auch als sehr kooperativ und Thorsten regelte die ganze Angelegenheit in seinem mittlerweile ziemlich passablen Spanisch.
Als Rückflugtermin stand also nun der 22.2.2001 fest. Wir waren doch ziemlich erleichtert, dass alles so gut geklappt hatte und wir noch nicht einmal eine Umbuchungsgebühr zu zahlen hatten. Spontan beschlossen wir, den Abend mit ausschweifenden Parties zu begehen. Unter diesen erfreulichen Umständen konnten wir uns auch leicht dazu durchringen, in einen der besten Clubs der Stadt zu gehen. Den hatte uns schon lange vor unserer Abreise nach Venezuela eine ehemalige Mitschülerin, die ein Jahr Au-pair in Caracas gemacht hatte, wärmstens ans Herz gelegt. Wir hatten bloß die Existenz dieses Clubs immer geflissentlich übergangen, da uns diese schwule Tanzmentalität und dazugehörige Schleimmusik nie wirklich mitreißen konnte. Aber nun war uns das egal und wir hatten auch wirklich eine gute Zeit im (hm...den Namen des Schuppens bekomm ich nicht wirklich mehr auf die Reihe, irgend ein Dome war es auf jeden Fall) ...sagen wir mal: Tanzterrorlatino ober gestylten Ricky Martini Gedächtnis Tempel. Aber das Polar schmeckte hier ebenso gut, wie im schäbigen Straßenlokal nebenan und die Frauen waren...ich drück es am besten so aus: heiß! Nicht umsonst gelten die venezolanischen Damen als die schönsten der Welt und nicht umsonst finden jeden Tag zehn verschiedene Miss Wahlen im hiesigen Fernsehen statt.
Die nächsten Tage verbrachten wir viel in den verschiedenen Parks, die Caracas zu bieten hatte. Zum einen natürlich der Parque del Este, der einen riesiges Areal umfasste und neben verschieden Sportmöglichkeiten auch mit einer original getreuen Nachbildung der Santa Maria und einem parkeigenen Zoo die Besucher lockte.
Im Zoo gab es massig verschiedene Arten von Greifvögeln zu sehen. Die Harpyie erwies sich für mich als das beeindruckendste Exemplar. Aber auch die Bande von Schildkröten, die sich gut darauf verstanden, sich oberlehrerhaft vor den Kaimanen aufzubauen und die Stellung zu halten, waren ein Hochgenuss. Das waren schon interessante Duelle, die auf die Dauer für den menschlichen Zuschauer aber doch den Reiz verloren, da sich die Tiere nun über Stunden anstarrten und keiner Partei es in den Sinn kam, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Da nahmen wir doch lieber an einem der zahlreichen Futbolito Spiele teil, die auf steinernen Handballfeldern mit einem verkleinerten Fußball gespielt wurden. Zu diesem Zweck hatten wir uns ja auch mit dem guten Benjamin verabredet, der uns bis dato stets auf den nächsten Tag vertröstet hatte. Nun riefen wir also wieder einmal bei ihm durch und er meldete sich auch prompt. Doch seltsamerweise tat er so, als ob er nicht wüsste, mit wem er da eigentlich sprach und auch die Namen Fabian und Thorsten waren ihm plötzlich nicht mehr geläufig. Etwas irritiert fragte ich mich, ob ich da auch den richtigen Macker dran hatte oder ob es noch andere Benjamins in Caracas gab, die uns im absolutem Überschwang ihre Nummer gegeben und uns zusätzlich das Versprechen abgerungen hatten, uns unbedingt bei ihm zu melden. Natürlich war es der richtige, nur hatte der auf einmal kein Bock mehr, uns zu kennen und so legte ich auf und wünschte ihm Ricky Martin und Konsorten auf den Hals.
Wir würden auch ohne den gehirngewaschenen Typen unseren Spaß beim Zocken haben.
Und so hatten sich die Alemanos schnell in ihr Team eingefunden. Es war schon harte Fußballkost, die uns da aufgetischt wurde. Die Venezolaner verstanden sich gut auf ihr Spiel und waren natürlich allesamt die Dribbler vor dem Herren. Da aber auch wir nicht die schlechtesten Fußball Skills aufzuweisen hatten und besonders Thorsten aus seinem Oberliga Fundus schöpfen konnte, gab es viele lebhafte Duelle, die ich gelegentlich mit einer ganz speziellen Grätscheinlage würzte. Diese Aktionen ließen dann auch schnell das Gerücht vom überharten Einstiegen der Alemanos entstehen. Trotzdem machte es einen Mordsspaß, dort zu zocken und nachdem wir das entscheidende Spiel zwar verloren hatten, aber trotzdem froh waren, da die ganze Zeit gut mitgehalten zu haben und vor allem coole Leute kennen gelernt zu haben, machten wir uns auf den Rückweg in den Norden der Stadt.
Als wir dann am späten Nachmittag in Jésus Bude eintrudelten, war er ausnahmsweise auch einmal da und tischte uns auch umgehend Neuigkeiten auf, die wir leider nicht als positiv bewerten konnten. Er hatte nämlich vor, noch vor Weihnachten umzuziehen. Eine größere Wohnung sei schon seit langem notwendig und er plane zukünftig eventuell, wieder die ein oder andere Dame mit nach Hause zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt dachten wir uns noch nichts Böses und ließen ihn mal reden, doch gleich nach dem nächsten Aspekt seines Umzuges, entgleisten doch unsere Gesichtszüge in Eschede würdigen Ausmaßen. Sein Plan umzuziehen beeinhaltete logischerweise auch sein ganzes Inventar mitzunehmen, doch zwei ganz bestimmte Personen beabsichtigte er nicht, mit in die neue Wohnung überzusiedeln. Das hieß im Klartext, dass wir zukünftig nicht bei ihm wohnen könnten und dass wir ab der nächsten Woche, was wiederum hieß ab dem 17.12., uns schon mal daran gewöhnen konnten, unser Haupte nicht mehr auf der flauschigen Luftmatratze in Jésus Wohnzimmer zu betten. Das war natürlich eine absolut tolle Wurst, ungefähr so toll wie die, die morgens bei mir hinten im Schlafanzug lag. Wir befragten ihn natürlich nach den Gründen, warum wir denn nicht mit in die neue Wohnung kommen könnten. Er gab auf diese Fragen leider keine eindeutigen Antworten. Nur so viel, dass er viel Stress mit der neuen Einrichtung hätte und uns dazwischen nicht gebrauchen könnte. Das konnten wir ja sogar noch nachvollziehen und schlugen ihm vor, vorrübergehend woanders unter zu kommen und dann wieder zurückzukehren. Doch darauf wollte er sich auch nicht einlassen. Schließlich brachte er noch eine neue Frau ins Spiel, die er durch Zauberhand kurzfristig kennengelernt hatte. Die würde ihn ja schließlich auch einmal besuchen wollen und zwei abgehalfterte Gringo Nervensägen würden sich dann als Einrichtung nicht so gut machen. Die Version von der Frau wollte uns zwar angesichts seiner eindeutigen Gayrouladen Styles nicht wirklich in den Kopf gehen, aber über kurz oder lang blieb uns nichts anderes übrig. Wir mussten einsehen, dass die geruhsamen Tage im Hause Villaroel vorbei waren. Wir handelten dann mit ihm aus, dass wir die restlichen Tage zu seinem Umzug noch bei ihm wohnen konnten und uns bis dahin nach einer Alternative umschauen würden, um womöglich sogar noch früher auszuziehen.
Das warf natürlich all unsere ursprüngliche Planung über den Haufen. Nun konnte Jennie, die am 23. eintreffen würde, doch nicht mehr mit zu Jésus und alles würde in einer unsagbaren Hektik enden, weil wir dann sofort zur Isla Margarita aufbrechen mussten, um Geld zu sparen. Es blieb uns nun keine andere Wahl, als vorübergehend Obdach in einer billigen Pension zu suchen und das setzte uns bei unserem knappen Geldstand doch ziemlich zu.
Wir zerbrachen uns noch lange den Kopf darüber, was Jésus wohl zu dieser schrägen Tour veranlasst haben mochte. Eins war nämlich sicher: Er wollte uns wirklich nicht mehr da haben. Es wäre ja kein Problem gewesen, ihm beim Umzug zu helfen und dann noch kurze Zeit bei ihm zu wohnen, schließlich hatten wir ja eh vor, nach Weihnachten die Stadt für drei Wochen zu verlassen. Aber er schob fadenscheinige Gründe vor, um uns los zu werden. Da war es also wieder, dieses venezolanische Phänomen des schlagartigen Abnehmens des Interesses an unserer Person. Zu beobachten schon bei Alejandro, bei Benjamin und nun auch bei Jésus. Doch warum sogar bei ihm? Hatte er etwa bemerkt, dass wir seine Michael Jackson Anthology entdeckt und sie jeden Morgen als Gruselwecker missbraucht hatten? Oder war ihm bewusst geworden, dass wir seine Eigenschaft, nach einer halben Dose Bier schon besoffen in der Ecke zu liegen, nicht gerade als männlich eingestuft hatten. Oder hatte er unser Gelächter bei dem Versuch eine Kokosnuss mit seinem Tranchiermesser zu spalten, als verletzend wahr genommen? Wir rätselten noch lange, doch auf den wahren Grund unseres Rausschmisses kamen wir nicht. Wir wussten nur so viel, dass wir uns schleunigst nach einer neuen Unterkunft umzuschauen hatten....
Wird der Admiral nun ein Straßenleben führen oder kommt doch alles anders? Welche Rollen spielt das Nuttenhotel Sava? Überlegt sich Jésus doch noch einmal alles anders? Zu lesen im 15. Teil...