Fabufab - Des Admirals Seemannsgarn

Ich komme schon mit schnellen Schritten. Und hier ist sie: Die Rückkehr des Admirals mit dem neuen und zwölftem Teil:

TEIL 12

Der Reißverschluss glitt langsam und knackend nach unten, während ich nur da saß und Thorsten dabei beobachtete, wie er äußerst behutsam probierte, diese Tätigkeit möglichst geräuscharm zu erledigen.
Der Zelteingang lag nun frei und Thorsten steckte seinen Kopf aus der Öffnung. Er war schon mit dem halben Oberkörper aus dem Zelt gekrochen, als ich abermals ein Schnaufen vernahm, welches aus unmittelbarer Nähe ins Zelt drang. Thorsten schnellte ins Zelt zurück und sah mich schweigend an. Ich bedeutete ihm mit einem Schulterzucken, dass ich auch nicht wüsste, wie wir mit dieser Situation umgehen sollten, am besten schien mir, erst einmal gar nichts zu unternehmen und abzuwarten.
Wir hockten also einige Minuten im Zelt und belauschten das Tier dabei, wie es unsere Reis und Gemüsevorräte gründlichst untersuchte. Schließlich wurde es leise und ich bewegte mich nun meinerseits zur Zeltöffnung, um einen Blick nach draußen zu werfen. Die Taschenlampe benötigte ich auch gar nicht, um in der Nacht was erkennen zu können, denn der Mond schien jetzt so hell am wolkenfreien Himmel, dass ich mir einen guten Überblick über unser Plateau verschaffen konnte. Ich lugte vorsichtig um die Zeltecke und hielt abermals den Atem an. Nicht weit entfernt hockte ein Bär. Er war wohl nicht der größte Vertreter seiner Art, sondern etwa ein Meter hoch und wirkte fast genau so breit wie er da so auf seinem Hintern saß und in aller Ruhe unsere Zwiebeln mit einer Portion ungekochtem Reis aus der Tüte vertilgte.
Der Anblick war so spannend und irrsinnig komisch zugleich, dass ich für die ersten Sekunden einfach nur starrte und Thorsten gar nicht bemerkte, der mir ungeduldig auf den Rücken klopfte und auch wissen wollte, was da nun vor sich ging.
Es war einfach zu abgefahren. Der Bär saß da und sah so aus, als ob er mir im nächsten Moment zuwinken würde, um mich gut gelaunt einzuladen, mich zu ihm zu gesellen und dieses Festmahl mit ihm zu teilen.
Ich dachte kurz daran, meinen Fotoapparat zu holen, um diese groteske Situation für immer festzuhalten, aber in diesem Moment drehte sich der Bär genau zu mir um und erhob sich. Zutiefst erschrocken zog ich mich blitzschnell ins Zelt zurück und bedeutete Thorsten mit einer raschen Geste, seine Fragen auf später zu verschieben.
Es schien so, als ob der Bär nun das Feld geräumt hatte und ich berichtete Thorsten von dem Bild, welches sich mir draußen geboten hatte. Danach hatte keiner von uns beiden noch große Lust, das Zelt zu verlassen und wir legten uns wieder hin. Verblüffenderweise schlief ich auch ziemlich schnell wieder ein.
Am nächsten Morgen war Thorsten vor mir wach und hatte auch schon die Umgebung inspiziert, als ich verschlafen den Kopf aus dem Zelt streckte. Unser Lager sah recht verwüstet aus. Die Reistüten waren zerfetzt und alles, was sich der Bär nicht einverleibt hatte, lag verstreut im Umkreis herum. Unsere Tomaten lagen zermatscht neben den Zwiebelresten, die es dem Tier wirklich angetan haben mussten.
Ich krabbelte ganz heraus und fragte mich bereits zum wiederholten Male, warum der Bär so scharf auf das Gemüse gewesen war, schließlich kennt man ja die Geschichten vom Honigtopf ausschleckenden Bären, dem auch süße Früchte sehr zusagen.
Nach einem Frühstück aus mitgebrachten Cookies, Baguettes mit Spiegelei und Tomatenresten und leckerem Seewasser schlossen wir kopfschüttelnd mit unserem nächtlichen Abenteuer ab und machten uns daran, die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Wir befanden uns auf einer Höhe von 3200 Metern und hatten ja den Pico Humboldt anvisiert. Wir packten die Sachen zusammen und folgten einem schwach erkennbaren Pfad am See entlang. Kurz danach ging es auch schon in schwungvollen Serpentinen steil die erste Bergkette hinauf. Der See wurde immer kleiner, bis er bald nur noch als kleine Pfütze tief unter uns glitzerte.
Die Temperaturen waren immer noch sehr angenehm und man konnte im lockeren Pulli marschieren.
Der Pfad wand sich immer höher und war weiterhin gut erkennbar. Schließlich gelangten wir nach der Mittagszeit an eine tiefe Schlucht oder auch Klamm, wie man bei uns sagen würde. Sie wurde von einer sehr schmalen Brücke überwunden, die unpraktischerweise kein Geländer und sonstige scheinbar überflüssige Absicherung aufweisen konnte. Das war der beste Zeitpunkt, unser Mittagessen einzunehmen und abwechselnd auf die Alibibrücke und den dazu gehörigen Abgrund zu schielen. Gestärkt und entschlossen, sich nicht von so einer Popelschikane aufhalten zu lassen, tänzelten wir vorsichtig in Richtung Brückenanfang. Sie war wirklich sehr schmal, kann nicht mehr als ein halber Meter gewesen sein und die Strecke, die wir zu meistern hatten, betrug sicher an die 15 Meter. Wir brachten also schnell die Rucksäcke rüber und ich ließ es mir dann auch nicht nehmen, noch einmal auf die Hälfte der Brücke zurückzugehen, um diverse Posen fürs Urlaubsalbum vorzuführen.
Am Nachmittag verschlechterte sich das Wetter zusehends und wir dachten schon darüber nach, einen geeigneten Platz für unser Lager zu suchen. Wir befanden uns nun ca. auf 4000 Metern Höhe und die Kälte kroch uns so langsam die Waden herauf. Wir hatten außerdem allmählich Schwierigkeiten dem Pfad zu folgen, weil er sich oftmals verzweigte und die Blindgänger nach kurzer Zeit hinter irgendeinem Busch endeten, so dass wir wieder zurück mussten, um es erneut zu versuchen. Schließlich hatten wir die Schnauze vom sinnlosen Umhergeirre voll, da auch schon lange unsere Rucksäcke wieder auf sich aufmerksam gemacht hatten und recht hartnäckig darauf pochten, endlich abgesetzt zu werden. Als dann auch noch dichter Nebel aufkam, blieb uns nichts anderes mehr übrig, als uns dieser Übermacht an Argumenten zu beugen.
Dieses Mal hatten wir keinen See und dazugehörige Fische für das Abendessen zu Verfügung und so aßen wir Nudeln mit Spiegelei, welches die beste Kraftnahrung für uns darstellte. In weiser Voraussicht nahmen wir dieses Mal all unsere Sachen mit ins Zelt und versuchten es uns, trotz des merklich geringer gewordenem Platzangebotes, gemütlich für die Nacht zu machen. Die verging dann auch ohne zwiebelsüchtige und Reistüten aufreißende Besucher und angesichts der anstrengenden Wanderung, die wir hinter uns hatten, schlief ich trotz piekswütiger Wandersteine im Rücken bestens bis zum Morgen durch. Das einzig negative, was ich beim Erwachen feststellte, war, dass ich über Nacht zu einem bewegungseingeschränkten Brett gefroren war und ich das Gefühl hatte, dass in meinem Schlafsack die Eiszapfen herunterhingen. Fast rechnete ich damit, mir an selbigen von der Zeltdecke herabhängenden den Kopf zu stoßen. Es war wohl etwas kälter gewesen in der Nacht, na ja.
Zum Glück gab es an dem Morgen keinen Nebel mehr und die Sonne vermochte es sogar, unsere knarzenden Gelenke bis zu einem Grad aufzutauen, dass wir uns wieder schmerzfrei bewegen konnten.
Unser Plan war es nun, dass Zelt an dem Punkt stehen zu lassen und nur das Nötigste an Verpflegung und Klamotten mitzunehmen, um völlig entspannt den richtigen Weg zum Gipfel zu finden.
Es ging auch ganz gut voran. Wir entdeckten nun schnell einen Pfad, der konstant blieb und in die richtige Richtung führte. Nach einiger Zeit begann dann die Kletterei und wir waren froh, das meiste an Gepäck zurück gelassen zu haben. Trotzdem wurde es allmählich schwierig dem Weg, der nun schon lange nicht mehr so eindeutig war wie zu Beginn, zu folgen. So nach und nach kamen uns doch Zweifel an der Durchführbarkeit unseres Planes, den Pico Humboldt ohne großartige Bergsteigerausrüstung zu erbobern. Der Gipfel war zwar gut zu erkennen und auch nicht nennenswert mit Schnee bedeckt, aber dennoch gelangten wir jetzt oft an schwierige Stellen und Hindernisse, die uns alles abverlangten und schließlich musste man sich ja auch immer Gedanken um den Wiederabstieg machen. Wir gönnten uns also vorerst eine Pause und beratschlagten auf einem Felsvorsprung sitzend über unsere Lage.
Nach einiger Zeit und wehmütigen Blicken zum Gipfel entschieden wir, das Unternehmen aufzugeben und zum Zelt zurückzukehren. Ich rauchte noch eine Belmont, um hinterher behaupten zu können, auf ca. 4400 m schon mal eine gerissen zu haben und dann wandten wir uns wieder nach unten.

 

Es hätte alles problemlos enden können, doch wenn ich an einer Aktion beteiligt bin, verläuft sie eigentlich nie ohne Probleme. Diese Einsicht war mir schon früh in meinem Leben gekommen und nun wurde ich wieder einmal an dieses unumstößliche Gesetz erinnert.
Nebel hüllte uns wie aus dem Nichts kommend komplett ein und es wurde wie mit einem Schlag sehr kalt und feucht. Die Klamotten klebten schnell an unseren Körpern und wir rutschten jetzt wirklich mehr über die Felsen als uns lieb war. Die Sicht war so schlecht, dass wir uns teilweise bücken mussten, um den Boden unter uns überhaupt noch zu erkennen. Das Überspringen von Felsspalten wurde nun zu einem heiklen Vertrauensspiel und das Vertrauen in die eigene Erinnerung war nicht immer gegeben. Wir standen dann an einer Stelle, an der es nicht mehr weiter ging. Der Weg oder das, was wir dafür hielten, war einfach zu Ende und es war nicht auszumachen, wo er sich jetzt fortsetzte. Von der Umgebung war eh schon lange nichts mehr zu erkennen und man kam sich recht blind vor, schließlich sah man nur einen Meter oder wenig mehr weit und ging sozusagen an der Hand der Naturgewalten durch einen riesigen nicht einsehbaren Raum.
Wir standen also nun noch immer an dieser Stelle, an der uns der Nebel so unbarmherzig auszulachen schien und uns fiel kein gescheiter Konter ein. Was sollten wir tun? Darauf spekulieren, dass sich der Nebel wieder legte und einfach bis dahin abwarten. Der Nebel würde sich auf jeden Fall wieder legen, aber vielleicht war es bis dahin dunkel und die Dunkelheit wäre bei einem Abstieg ein ebenso schlechter Partner wie der Nebel. Wir konnten natürlich auch ein Stück zurückgehen und aufs Geratewohl einen neuen Weg suchen. Diese Idee verwarfen wir aber sofort, weil damit die Gefahr, sich im Nebel vollkommen zu verirren, einfach zu groß war.
Noch war keine rettende Entscheidung getroffen worden und wir standen immer noch an dieser verhassten Stelle. Zu allem Überfluss fing es auch schon an, in der Ferne bedrohlich zu grollen und durch die alles durchdringende Nebelnässe bahnten sich vereinzelte Regentropfen ihren Weg auf unsere Köpfe.
Langsam wurde eine Entscheidung zwingend, denn wenn uns auch noch ein Gewitter erreichen sollte, befanden wir uns zwischen den Felsen in eindeutiger Gefahr. Die Minuten verstrichen weiter quälend und wir lauschten auf das lauter werdende Donnergrollen. Ein Blitz zuckte durch den Nebel und kurz darauf krachte es so gewaltig, als ob jemand gleich nebenan ein Hochhaus in die Luft gejagt hätte. Das langanhaltende Echo des Donners vibrierte noch in unseren Mägen, als ein erneuter Blitz durch den Nebel pflügte und uns unsere aufgeschobene Entscheidung rigoros abnahm...


Wird der Admiral Herr über Blitz und Donner oder eher zur lebenden Zielscheibe, zu erfahren im nächsten Teil!
 
Deam Right ! Better then yours !!!!
:cool:

BjoneyK
-=Red$Eyes=-
München \x/est

~Peace~
 
Hab noch als Überbrückung zum nächsten Teil drei kleine Texte parat (kein Rap):

HOLZ

"Holz ist"! Ein Zitat, dass einfach stimmt. Holz ist nämlich. Es ist immer da, wohin man blickt: Holz! Vieles ist aus Holz. Der Schreibtisch, auf dem meine Tastatur liegt, ist aus Holz. Das Lattenrost meines Bettes, welches ich nur allzu ungern verlasse, ist aus Holz. Die Baseballkeule, mit der letztens ein Jugendlicher vor meiner Tür verprügelt wurde, war auch aus Holz. Das war sogar sehr massives Holz. Die hatten den armen Kerl damit wahrlich weggeholzt.
Der Kopf meines Nachbarn, der es nicht einsehen will, dass man es im Vollrausch einfach nicht schafft, sich in den vierten Stock zu schleppen und dann sogar auch noch die Wohnungstür aufzubekommen, ist auch aus Holz. Muss er auch sein, denn er versucht es immer wieder.
Das Bein eines alten Mannes, der früher in unserer Gegend wohnte und den ich immer so unheimlich fand, war auch aus Holz. Genau wie sein Krückstock, den er immer dann besonders brauchte, wenn er ohne Bein ausging.
Man sagt, dass Holz arbeitet. Es dehnt sich aus oder zieht sich zusammen, je nach Temperatur und Feuchtigkeit. Holz ist dehnbarer als eine Stretchjeans, die man besonders in den 80ern an Beinen von Heavy Metal Musikern sehen konnte. Holz ist aber viel schöner und leiert auch nie aus. Holz hat ein langes Leben. Sowohl in seinem ersten Leben in Form eines Baumes oder Strauches als auch in seinem Leben nach dem Tod als industriell oder manuell bearbeiteter Gebrauchsstoff.
Der Mensch vertraut Holz, ihm sogar oft das Leben an.
Holz ist ein guter Freund.
Ich mag es.


WAND

Eine Wand ist eine Wand. Man kommt nicht durch, außer sie ist aus Watte oder Papier oder so einem durchlässigen Material.
Es gibt schlechte Wände, die man nicht überwinden, umgehen, untergraben, überspringen, umwerfen, einreißen oder durchlöchern kann.
Es gibt aber auch gute Wände, über die man froh ist. Da baut man sich dann eine Tür rein, schließt sie ab und freut sich.
Es gibt also solche und solche Wände.
Zum Glück kann man sich immer aussuchen, welche man lieber mag.


AUTOBAHNAUFFAHRTEN

Autobahnauffahrten sind eigentlich total unspektakulär, bloßes Mittel zum Zweck. Die Autobahn braucht sie, um etwas zu tun zu bekommen. Ob die beiden sich wirklich gut verstehen, weiss keiner. Man könnt wohl sagen, dass sie eine reine Zweckgemeinschaft bilden oder vielleicht sogar eine Zweckehe, obwohl ich bei sowas nicht gerne zu tiefgehende Vermutungen anstelle. Sie leben in einer Symbiose und sind zufrieden damit. Davon profitiert auch der Mensch. Schließlich besucht er die beiden oft und das zu gleichen Teilen, obwohl er meistens mehr Zeit mit der Autobahn verbringt. Dafür probiert die Autobahnauffahrt ihn ständig mit tollen Attraktionen zu locken. Serienmäßig bieten ja alle Autobahnauffahrten eine Kurve an und sei es auch nur eine ganz leichte Krümmung. Sowas hat die Autobahn nicht zu bieten. Da fährt man stundenlang geradeaus ohne die geringste Biegung. Deswegen versucht sich der Autofahrer auch ständig selbst zu unterhalten, in dem er lustige Überholmanöver kreiert, um wenigstens vorrübergehend in den Genuss eines Lenkvorganges zu kommen. Ganz kreative Fahrer haben auch eine 180 Grad Wendung entworfen und probieren dann, dem nun sehr hektischem Gegenverkehr auszuweichen.
Da hat die Autobahnauffahrt schon mehr zu bieten. Es gibt z.B. noch die Brücken, die man alle befahren darf, wenn man eine Auffahrt benutzt, während man die von der Autobahn immer nur von unten sieht.
Einige Auffahrten übertreiben aber auch, wie ich finde. Da gibt es ja welche, die von der Autobahn abgehen und so tun, als würden sie abhauen, aber dann nach einem Kilometer wieder zurück auf die Autobahn führen, quasi eine Übersprungsabfahrt, die ihr Verschwinden nur antäuscht. Dann sind da auch solche, die nach meinem Geschmack zu sehr mit ihren Abfahrtsschildern angeben.
Da steht dann überdimensional groß drauf:" Abfahrt nach Holzwickede in 1000 m" oder "Abzweiger nach "Großenkneten-Hespenbusch". Sowas interessiert doch einfach keine Sau. Das ist reines Aufschneidertum, denn da gibt es nichts zu sehen, nichts zu entdecken, die reinste Sackgasse. Ich frag mich manchmal, was da noch alles kommen soll? Autobahnauffahrten mit Loopings? Oder eher kindgerecht wie"Robbie, die sprechende Autobahnauffahrt", die sich bei jeder Benutzung artig bedankt und so dämlich die Augen verdreht und an ihrem Ende bekommt jedes Kind noch einen Lolly, mit Asphaltgeschmack.
Nein das ginge mir zu weit, da würde ich nicht mehr mitmachen.
Naja, egal, ich hab eh kein Führerschein.
 
sehr sehr kool!!!



ich habe zwar nur teil 10 gelesen abba die anderen werde ich nachher lesen wenn ich aufgestanden bin!


eine frage habe ich:
hast du das so erlebt oda story telling?
 
100 % so erlebt, ist ein tatsachenbericht mit meinen Worten wieder gegeben und an einigen Stellen auch spannend geschrieben ;)
 
Weiss ich zu schätzen ;)

Ich warte diesmal auch nich so lange mit dem nächsten Teil
 
TEIL 13

Die Blitze zuckten um uns herum und die dazugehörigen Donnerschläge ließen uns fast vom Erdboden abheben. Wir liefen einfach los, ohne uns den Abstieg genauer zu überlegen. Der Weg war eindeutig versperrt und wir mussten zusehen, eine Alternative zu finden. Der Nebel war weiterhin undurchdringbar und der Regen klatschte mittlerweile erbarmungslos vom Himmel herab. Ich hatte bald das Gefühl, dass sogar in meiner Unterbüx das Wasser stand. Ein neutraler Beobachter hätte jetzt natürlich Vermutungen anstellen können, was denn nun die wirkliche Ursache dafür war, denn wir mussten es uns spätestens jetzt eingestehen: unsere durchnässten Ärsche gingen uns eindeutig auf Grundeis. Jetzt hieß es, jeder musste für sich mit dieser Situation klar kommen, aber gemeinsam mussten wir den besten Abstieg finden.
Doch zu unserem Glück war unser Kampfgeist nie von ganz schlechten Eltern und wir beide zusammen auch schon immer ein ziemlich gutes Team gewesen, welches andere brenzlige Situation schon im Erfahrungsschatz aufbewahrte und so kam Abwarten irgendwie nie in Frage.
Langsam entspannte sich die Wetterlage, der Regen ebbte schnell ab und der Nebel begann schwächer zu werden. Vereinzelt zuckten noch Blitze hinter den Gipfeln hervor, aber der Donner hatte längst seine Durchschlagskraft verloren. Wir konnten erst einmal durchatmen und den Schritt etwas fester und vor allem überlegter aufsetzen.
Schließlich kamen wir erneut an eine Stelle, die nichts Gutes verhieß. Eine Felsformation, von der es sehr steil bergab ging. Wir blieben vorerst stehen. Dampfend und tropfend starrten wir auf den Abgrund, während die ersten Sonnenstrahlen auf uns zu tasteten. Einer kleinen Pause stand nun nichts mehr im Wege und ich zog meine Belmont Packung aus der Tasche und wrang mit trüber Miene die letzten Zigaretten aus.
Als die Felsen weitesgehend getrocknet waren, wagten wir den Abstieg durch die schmale Rinne in den Felsen und gelangten erneut völlig durchnässt auf eine kleine Ebene, die wir schnell wieder erkannten. Von dort ergab sich dann auch der Blick auf den Bergsee, der in weiter Ferne freundlich glitzerte. Spätestens jetzt war klar, dass wir es geschafft hatten und schon machte sich in uns das Gefühl breit, eine aufregende Situation durchlebt zu haben, die man mit Glück gemeistert hatte und an die man sich später immer wieder erinnern wird.
Als wir dann einige Stunden später wieder in unserem Basislager ankamen, waren wir völlig geschafft. Thorsten machte Feuer und ich holte Wasser und zauberte aus den Resten ein karges Mahl.
Den Rest des Abends verbrachten wir vor dem Lagerfeuer und freuten uns immer noch über dieses Abenteuer, welches unsere Freunde im fernen Deutschland nicht miterleben konnten, weil sie in irgendwelchen Hörsälen, Gewerbeschulen und Ausbildungswerkstätten ihre Zeit absitzen mussten.
Den nächsten Tag wollten wir wieder in das Tal steigen und nach Mérida zurückkehren. Der Berg war uns nicht freundlich gesonnen und noch die ein oder andere Luis Trenker Weisheit aus dem Ärmel schüttelnd, schliefen wir ein.
Der folgende Morgen war wieder freundlich und sonnig. Wir verstauten unsere Sachen und machten uns auf den Weg. Auf halber Höhe trafen wir tatsächlich eine andere Gruppe. Drei fröhliche Holländer hatten den gleichen Plan und wir gaben ihnen ein paar Tips und zogen weiter.
An der Ranger Station angekommen, meldeten wir uns ab und erzählten noch, dass wir in der einen Nacht von einem Bären Besuch bekommen hatten. Der Parkwächter grinste nur und verwies auf ein Schild vor seiner Hütte, auf der es hieß, Rücksicht auf die im Park lebenden Bären zu nehmen. Die mussten wir wohl am Tag unserer Ankunft übersehen haben und wir hofften, dass wenigstens die Holländer sich vor ihrem Aufbruch umsichtiger über Bären informiert hatten. Überhaupt konnten wir das Schild nur als schlechten Scherz in unsere Minusliste eintragen und fügten in Gedanken hinzu, dass die Bären dann zukünftig auch mehr Rücksicht auf die Reistüten der Besucher nehmen könnten. Letztendlich mussten wir uns dann ber doch kleinlaut eingestehen, etwas unvorsichtig gewesen zu sein.
Zurück nach Mérida ging es in einem Van von einem völlig durchgeknallten Maria und Jesusfan, der seine ganze Windschutzscheibe und Armaturen mit Figuren und Ikonen voll gestellt und gehängt hatte und die zu befahrene Straße nur durch freigelassene Sehschlitze erkennen konnte.
Wir lümmelten uns in die roten Plüschbänke und ließen uns während der Fahrt ordentlich durchschütteln und von der standesgemäßen Jesusmusik beschallen.
Als wir wieder bei Bruno ankamen, herrschte in der Herberge Totenstille und keiner reagierte auf unser Klingeln. Schließlich kam ein Gast, um uns das Eisentor zu öffnen und wir schauten uns nach dem Herbergsvater um. Schließlich entdeckten wir ihn schnarchend auf einem Sofa im Innenhof. Seine Rumfahne hatte uns den Weg gewiesen. Der Typ war an diesem Abend nicht in der Lage, uns ein Zimmer zuzuweisen, also nahmen wir das selbst in die Hand und unterrichteten ihn dann nächsten Morgen von unserer Rückkehr.
Wir blieben noch ein paar Tage in Mérida, in denen wir einigen Spaß mit den Italienern machten und einen netten Venezolaner namens Benjamin kennen lernten.
Es war nun Anfang Dezember und nach eineinhalb Monaten stetem Reisen stand uns der Sinn nach der zeitweiligen Rückkehr zu Jésus nach Caracas. Benjamin hatte ebenfalls den Plan, nach Caracas zu fahren, weil er dort seine Mutter besuchen wollte.
Zusammen fuhren wir also mit dem Nachtbus von Mérida nach Caracas. Wir hatten Jésus vorher benachrichtigt, dass wir kommen wollten und er schien erfreut, uns wieder aufzunehmen.
Die Hauptstadt empfang uns dann wieder auf ihre charmante Art. Der Straßenlärm und der Smog schlugen uns ins Gesicht, auf dass es eine wahre Freude war. Die Menschen drängelten und keiften wie eh und je und die U-Bahn war logischerweise völlig überfüllt. Auch die lauernden Blicke auf unsere Rucksäcke waren die gleichen. Der Kontrast zwischen unseren Reiseerlebnissen und der Realität der Millionenstadt konnte größer nicht sein. Wir tauschten noch Telefonnummern mit Benjamin aus und verabredeten uns den nächsten Tag zum Futbolito zocken im Parque de l’Este.
Als wir in Jésus Bude ankamen, erwartete uns schon die Tremenda Lata von Polar im Sechserträger und wir schmissen unsere verstaubten Rucksäcke erleichtert in die Ecken. Er selbst war noch auf der Arbeit, aber wir stürzten erst einmal das Bier herunter und ruhten uns aus.
Die nächsten Tage wollten wir damit verbringen, uns um unseren Flugtermin zu kümmern, den Ablauf des Aufenthalts unserer Freundinnen zu planen, obwohl das Kommen meiner noch in den Sternen stand und ich darob auch sehr betrübt war.
Außerdem war die Stadt weiterhin zu erkunden und vielleicht noch einmal anzutesten, ob man nicht doch irgendwie arbeiten könnte.
Es standen also geruhsame Tage bevor...


Wird der Admiral jetzt träge in der gemütlichen Wohnung in Caracas oder welche Abenteuer folgen als nächstes. Zu lesen im bald folgenden 14. Teil!
 
wie versprochen:

TEIL 14

Die folgenden Tage versprachen in der Tat sehr geruhsam zu werden. Wir hatten genug Zeit, unsere Planungen in Ruhe angehen zu können und zu meiner ganz persönlichen Freude, erreichte mich beizeiten ein Anruf aus Good Ol Germany, für den meine Freundin zwar 120 DM bezahlen sollte, mir aber mitteilte, dass sie nun doch kommen konnte und zwar war der 23.12. als Ankunftstermin auserkoren.
Thorstens Freundin hatte ihre Ankunft auf genau eine Woche später gelegt.
Nun ging es darum, vernünftige Aktivitäten für die gemeinsame Zeit auf die Beine zu stellen, schließlich wollten wir nicht die ganze Zeit bei Jésus in Caracas abhängen.
Nach langem Forschen in verschiedenen Reiseführen wählten wir schließlich die Isla Margarita als perfekten Platz aus, sich es mal richtig gut gehen zu lassen.
Es war aber noch Zeit bis dahin und so konzentrierten wir uns zum einen darauf, einen früheren Rückflugtermin bei der Lufthansa zu buchen. Diesem Gespräch hatten wir ja schon seit langem mit gemischten Gefühlen entgegen geblickt, weil unser Ticket eigentlich nicht umbuchbar war.
Wir liefen aber trotzdem in der Lufthansa Niederlassung in Caracas auf, welche auch nur aus einem kleinen Schalter in einem riesigen Bürohochhaus bestand. Die diensthabende Sachbearbeiterin erwies sich auch als sehr kooperativ und Thorsten regelte die ganze Angelegenheit in seinem mittlerweile ziemlich passablen Spanisch.
Als Rückflugtermin stand also nun der 22.2.2001 fest. Wir waren doch ziemlich erleichtert, dass alles so gut geklappt hatte und wir noch nicht einmal eine Umbuchungsgebühr zu zahlen hatten. Spontan beschlossen wir, den Abend mit ausschweifenden Parties zu begehen. Unter diesen erfreulichen Umständen konnten wir uns auch leicht dazu durchringen, in einen der besten Clubs der Stadt zu gehen. Den hatte uns schon lange vor unserer Abreise nach Venezuela eine ehemalige Mitschülerin, die ein Jahr Au-pair in Caracas gemacht hatte, wärmstens ans Herz gelegt. Wir hatten bloß die Existenz dieses Clubs immer geflissentlich übergangen, da uns diese schwule Tanzmentalität und dazugehörige Schleimmusik nie wirklich mitreißen konnte. Aber nun war uns das egal und wir hatten auch wirklich eine gute Zeit im (hm...den Namen des Schuppens bekomm ich nicht wirklich mehr auf die Reihe, irgend ein Dome war es auf jeden Fall) ...sagen wir mal: Tanzterrorlatino ober gestylten Ricky Martini Gedächtnis Tempel. Aber das Polar schmeckte hier ebenso gut, wie im schäbigen Straßenlokal nebenan und die Frauen waren...ich drück es am besten so aus: heiß! Nicht umsonst gelten die venezolanischen Damen als die schönsten der Welt und nicht umsonst finden jeden Tag zehn verschiedene Miss Wahlen im hiesigen Fernsehen statt.
Die nächsten Tage verbrachten wir viel in den verschiedenen Parks, die Caracas zu bieten hatte. Zum einen natürlich der Parque del Este, der einen riesiges Areal umfasste und neben verschieden Sportmöglichkeiten auch mit einer original getreuen Nachbildung der Santa Maria und einem parkeigenen Zoo die Besucher lockte.
Im Zoo gab es massig verschiedene Arten von Greifvögeln zu sehen. Die Harpyie erwies sich für mich als das beeindruckendste Exemplar. Aber auch die Bande von Schildkröten, die sich gut darauf verstanden, sich oberlehrerhaft vor den Kaimanen aufzubauen und die Stellung zu halten, waren ein Hochgenuss. Das waren schon interessante Duelle, die auf die Dauer für den menschlichen Zuschauer aber doch den Reiz verloren, da sich die Tiere nun über Stunden anstarrten und keiner Partei es in den Sinn kam, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Da nahmen wir doch lieber an einem der zahlreichen Futbolito Spiele teil, die auf steinernen Handballfeldern mit einem verkleinerten Fußball gespielt wurden. Zu diesem Zweck hatten wir uns ja auch mit dem guten Benjamin verabredet, der uns bis dato stets auf den nächsten Tag vertröstet hatte. Nun riefen wir also wieder einmal bei ihm durch und er meldete sich auch prompt. Doch seltsamerweise tat er so, als ob er nicht wüsste, mit wem er da eigentlich sprach und auch die Namen Fabian und Thorsten waren ihm plötzlich nicht mehr geläufig. Etwas irritiert fragte ich mich, ob ich da auch den richtigen Macker dran hatte oder ob es noch andere Benjamins in Caracas gab, die uns im absolutem Überschwang ihre Nummer gegeben und uns zusätzlich das Versprechen abgerungen hatten, uns unbedingt bei ihm zu melden. Natürlich war es der richtige, nur hatte der auf einmal kein Bock mehr, uns zu kennen und so legte ich auf und wünschte ihm Ricky Martin und Konsorten auf den Hals.
Wir würden auch ohne den gehirngewaschenen Typen unseren Spaß beim Zocken haben.
Und so hatten sich die Alemanos schnell in ihr Team eingefunden. Es war schon harte Fußballkost, die uns da aufgetischt wurde. Die Venezolaner verstanden sich gut auf ihr Spiel und waren natürlich allesamt die Dribbler vor dem Herren. Da aber auch wir nicht die schlechtesten Fußball Skills aufzuweisen hatten und besonders Thorsten aus seinem Oberliga Fundus schöpfen konnte, gab es viele lebhafte Duelle, die ich gelegentlich mit einer ganz speziellen Grätscheinlage würzte. Diese Aktionen ließen dann auch schnell das Gerücht vom überharten Einstiegen der Alemanos entstehen. Trotzdem machte es einen Mordsspaß, dort zu zocken und nachdem wir das entscheidende Spiel zwar verloren hatten, aber trotzdem froh waren, da die ganze Zeit gut mitgehalten zu haben und vor allem coole Leute kennen gelernt zu haben, machten wir uns auf den Rückweg in den Norden der Stadt.
Als wir dann am späten Nachmittag in Jésus Bude eintrudelten, war er ausnahmsweise auch einmal da und tischte uns auch umgehend Neuigkeiten auf, die wir leider nicht als positiv bewerten konnten. Er hatte nämlich vor, noch vor Weihnachten umzuziehen. Eine größere Wohnung sei schon seit langem notwendig und er plane zukünftig eventuell, wieder die ein oder andere Dame mit nach Hause zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt dachten wir uns noch nichts Böses und ließen ihn mal reden, doch gleich nach dem nächsten Aspekt seines Umzuges, entgleisten doch unsere Gesichtszüge in Eschede würdigen Ausmaßen. Sein Plan umzuziehen beeinhaltete logischerweise auch sein ganzes Inventar mitzunehmen, doch zwei ganz bestimmte Personen beabsichtigte er nicht, mit in die neue Wohnung überzusiedeln. Das hieß im Klartext, dass wir zukünftig nicht bei ihm wohnen könnten und dass wir ab der nächsten Woche, was wiederum hieß ab dem 17.12., uns schon mal daran gewöhnen konnten, unser Haupte nicht mehr auf der flauschigen Luftmatratze in Jésus Wohnzimmer zu betten. Das war natürlich eine absolut tolle Wurst, ungefähr so toll wie die, die morgens bei mir hinten im Schlafanzug lag. Wir befragten ihn natürlich nach den Gründen, warum wir denn nicht mit in die neue Wohnung kommen könnten. Er gab auf diese Fragen leider keine eindeutigen Antworten. Nur so viel, dass er viel Stress mit der neuen Einrichtung hätte und uns dazwischen nicht gebrauchen könnte. Das konnten wir ja sogar noch nachvollziehen und schlugen ihm vor, vorrübergehend woanders unter zu kommen und dann wieder zurückzukehren. Doch darauf wollte er sich auch nicht einlassen. Schließlich brachte er noch eine neue Frau ins Spiel, die er durch Zauberhand kurzfristig kennengelernt hatte. Die würde ihn ja schließlich auch einmal besuchen wollen und zwei abgehalfterte Gringo Nervensägen würden sich dann als Einrichtung nicht so gut machen. Die Version von der Frau wollte uns zwar angesichts seiner eindeutigen Gayrouladen Styles nicht wirklich in den Kopf gehen, aber über kurz oder lang blieb uns nichts anderes übrig. Wir mussten einsehen, dass die geruhsamen Tage im Hause Villaroel vorbei waren. Wir handelten dann mit ihm aus, dass wir die restlichen Tage zu seinem Umzug noch bei ihm wohnen konnten und uns bis dahin nach einer Alternative umschauen würden, um womöglich sogar noch früher auszuziehen.
Das warf natürlich all unsere ursprüngliche Planung über den Haufen. Nun konnte Jennie, die am 23. eintreffen würde, doch nicht mehr mit zu Jésus und alles würde in einer unsagbaren Hektik enden, weil wir dann sofort zur Isla Margarita aufbrechen mussten, um Geld zu sparen. Es blieb uns nun keine andere Wahl, als vorübergehend Obdach in einer billigen Pension zu suchen und das setzte uns bei unserem knappen Geldstand doch ziemlich zu.
Wir zerbrachen uns noch lange den Kopf darüber, was Jésus wohl zu dieser schrägen Tour veranlasst haben mochte. Eins war nämlich sicher: Er wollte uns wirklich nicht mehr da haben. Es wäre ja kein Problem gewesen, ihm beim Umzug zu helfen und dann noch kurze Zeit bei ihm zu wohnen, schließlich hatten wir ja eh vor, nach Weihnachten die Stadt für drei Wochen zu verlassen. Aber er schob fadenscheinige Gründe vor, um uns los zu werden. Da war es also wieder, dieses venezolanische Phänomen des schlagartigen Abnehmens des Interesses an unserer Person. Zu beobachten schon bei Alejandro, bei Benjamin und nun auch bei Jésus. Doch warum sogar bei ihm? Hatte er etwa bemerkt, dass wir seine Michael Jackson Anthology entdeckt und sie jeden Morgen als Gruselwecker missbraucht hatten? Oder war ihm bewusst geworden, dass wir seine Eigenschaft, nach einer halben Dose Bier schon besoffen in der Ecke zu liegen, nicht gerade als männlich eingestuft hatten. Oder hatte er unser Gelächter bei dem Versuch eine Kokosnuss mit seinem Tranchiermesser zu spalten, als verletzend wahr genommen? Wir rätselten noch lange, doch auf den wahren Grund unseres Rausschmisses kamen wir nicht. Wir wussten nur so viel, dass wir uns schleunigst nach einer neuen Unterkunft umzuschauen hatten....

Wird der Admiral nun ein Straßenleben führen oder kommt doch alles anders? Welche Rollen spielt das Nuttenhotel Sava? Überlegt sich Jésus doch noch einmal alles anders? Zu lesen im 15. Teil...
 
Fast schon unverschämt, dass dieser Thread nur eine Bewertung von vier Sternen hat. :oops: :D

Wie gewohnt gute Unterhaltung...:)
 
Meine Vermutung zu jesus sinneswandel: er hat einen anderen homosexuellen kennengelernt und hatte wenig lust darauf, sich euch gegenüber zu outen.
 
TEIL 15

Caracas ist eine Millionenstadt, ein Schmelztiegel der verschiedensten Einflüsse. Menschen aller ethnischen Gruppen und Hautfarben aus den weitesten Winkeln leben in diesem lang gestreckten Tal, in dem sich die Wolkenkratzer in die Höhe recken und sich die Armensiedlungen an seinen Hügeln hinaufziehen.
Es ist ein Tal, in dem ab und zu eine Brise weht und man die meiste Zeit verschont bleibt von nervenden Moskitos und anderen unliebsamen insektuellen Besuchern. Der Smog liegt stets wie eine schwere Decke über dem Zentrum und die Stadtautobahn pflügt seine Spur des nie ruhenden Verkehrs durch das Herz der Stadt. 1 000 000 Fahrzeuge frequentieren täglich die Straßen. Die Stadt wächst in einem enormen Tempo. Der Zuwanderungsstrom aus den ärmeren südamerikanischen Ländern wie Peru, Ecuador oder Kolumbien reißt nicht ab. Natürlich wimmelt es allerorts vor Straßenhändlern, die die obskursten Dinge verkaufen wollen. Trotzdem ist die Stadt und vor allem das Land eines der fortschrittlichsten auf dem Kontinent. Es laufen wenige Bettler umher und die Barackensiedlungen der Armen bestehen nicht aus Blech und Pappe, sondern sind aus Ziegeln und Zement gebaut und einige verfügen sogar über fließendes Wasser und eine Kanalisation. Diese „Ranchos“ können sogar im Laufe der Zeit den Status eines offiziellen Stadtteiles erlangen. Ist eine gewisse Zeitspanne ins Land gestrichen und hat sich die Gegend in bezug auf Kriminalität und Gesellschaftsformen stabilisiert, wird das Gebiet an die Stadt angegliedert und erhält schrittweise eine städtische Versorgung von Strom, Wasser und dem Ausbau der Infrastruktur. Trotzdem leben Millionen von „caraquenos“ an der Armutsgrenze. Wenn sie Arbeit besitzen, beginnt ihr Tag lange vor dem Morgengrauen, wenn sie die Hügel hinunter zur nächsten Bushaltestelle marschieren. Ein nie versiegender Menschenstrom wälzt sich dann durch die Straßen, bevölkert die Busse und U-Bahnen und lässt eine unglaubliche Hektik entstehen, in der man manchmal unterzugehen droht.
In eben jener Hektik standen wir zwei Gringos vor der Aufgabe, eine Bleibe für die nächsten Tage zu suchen. Der Aufenthalt bei unser aller Gayfreund Jésus neigte sich unweigerlich dem Ende zu und so wurden wir mit den ganzen anderen Pendlern auf die Straßen geschwemmt. Dass wir in Sachen Menschenmassenschwimmen nur jeweils ein Seepferdchen vorzuweisen hatten, sah man schon daran, dass wir es immer wieder verpeilten, den richtigen Bus zu erwischen. Das Bussystem in einem Land wie Venezuela läuft freilich ganz anders als in unserem ordnungsliebenden Deutschland. Zwar gab es in Caracas z.T. auch Bushaltestellen, aber Fahrpläne waren nicht verfügbar, ebenso wenig wie Informationen darüber, welcher Bus an welcher Haltestelle abfuhr. Die Einwohner selbst hatten ihre Wege im Kopf und wussten ganz genau, an welchen Punkten sie die Busse zu besteigen hatten. Wir irrten dagegen oft in der Gegend herum und waren auf die Mithilfe der Wartenden angewiesen.
Wo wir konnten, entschieden wir uns auch lieber für die vorbildliche U-Bahn, die in ganz Südamerika Vorbildstatus genießt.
Wir hatten uns schon im Vorwege die ein oder andere billige Pension aus den Empfehlungen unseres „Reise Know-How“ Führers herausgestrichen und klapperten nun die ganze Liste ab. Zu oft waren die Ergebnisse aber sehr ernüchternd. Viele Herbergen waren schon mal zu teuer für uns. Das Preis-Preis-Leistungsverhältnis war natürlich der wichtigste Punkt beim Auswahlverfahren. Andere waren schon ausgebucht und zeigten sich auch nicht sonderlich interessiert daran, uns als Gäste ihres Hauses zu begrüßen.
Schließlich taten wir doch einen Glücksgriff. Das Hotel Sava in einer kleinen Seitenstraße, abgehend von der Avenida Libertador, warf verführerisch seinen Rettungsanker in unsere Richtung aus und wir griffen dankbar zu. Auf den ersten Blick schien es ein ganz normales Hotel zu sein. Normale Einrichtung, eine normale Rezeption mit dem dazu gehörigen Hotelfachmann dahinter, ein normales Restaurant und letztendlich auch ein ganz normaler Hotelname.
Wir hatten auch einen relativ normalen Preis zu zahlen, der nicht gerade die größten Löcher in unseren leider schon recht angenagten Geldbeutel riss. Wir handelten aus, dass wir die nächsten zwei, drei Nächte auf jeden Fall bleiben wollten. Bis zu Jennies Ankunft war es noch eine gute Woche und wir spekulierten darauf, bis dahin eine noch bessere Unterkunft zu finden.
Wir schulterten also unsere Rucksäcke und bestiegen den Lift gen vierten Stock, wo sich unser Zimmer befand. Zu uns gesellten sich dann noch zwei Damen im eleganten Outfit, die sich kichernd vor uns stellten. Wir wunderten uns schon, dass solche Klamotten von den Gästen des Hotels getragen wurden, schließlich machte das Haus nicht gerade den edelsten Eindruck. Womöglich hatten sich die Frauen für eine bevorstehende Party herausgeputzt. In Caracas fanden ja täglich tausende von Parties statt. Man wurde aber das Gefühl nicht los, dass wir in den beiden neue Fans gefunden hatten. Ihrer Unterhaltung konnten wir eindeutig entnehmen, dass wir der Gesprächsmittelpunkt waren und sie anscheinend begleitet von prüfenden Blicken in unsere Richtung unsere körperlichen und finanziellen Vorzüge diskutierten. Was sollte das denn werden? Bevor wir uns in deren Gespräch einmischen konnten, stiegen die beiden aber auch schon aus und ließen uns mit einem dahin geknatterten Satz, von dem wir so viel wie „ bis heute Abend ihr Hübschen“ verstehen konnten, im Aufzug zurück.
Als wir unser Zimmer betraten, erlebten wir die nächste Überraschung. Es gab nur ein Bett, zwar ein recht breites, aber es war nur eins und über diesem hing ein überdimensionierter Spiegel an der Decke. Ich ging wieder raus auf den Flur und wollte schon zu dem freundlichen Mitarbeiter an der Rezeption runterfahren, als ich feststellte, dass sämtliche Zimmertüren weit offen standen und es folglich auch keine Gäste dort zu entdecken gab. Ich ging alle anderen drei Stockwerke ab und ermittelte stets das selbe Ergebnis. Wir waren anscheinend die einzigen Gäste in diesem Haus. Als wir unten an der Rezeption uns angemeldet hatten, war das ganze Foyer aber noch mit Leuten gefüllt gewesen. Das war schon merkwürdig und ließ letztendlich nur einen Schluss zu: Wir waren in einem Stundenhotel gelandet, randvoll gefüllt mit Nutten und den dazugehörigen Zuhältern. Nach Einsicht dieses Faktums, nahm ich von meinem Besuch an der Rezeption Abstand und suchte wieder unser Zimmer auf und berichtete Thorsten die Neuigkeit. Der lachte sich tot und meinte, es sei auf jeden Fall eine eindeutige Verbesserung von der Spießerbude mit der Michael Jackson Rundumversorgung und dem Wohnverbot für deutsche Gäste zum Nuttenhotel in der Stadt mit den geilen Spiegeln über den Betten, in denen man schön beobachten könne, wann der andere eingeschlafen sei, um ihm dann sein Bier wegzusaufen und den Fahrstuhlchicas, die einem schneller an die Hose gehen als man Blowjob sagen kann. Eigentliche beste Voraussetzungen für eine spaßige Zeit, wenn da nur nicht die Ankunft meiner Freundin gewesen wäre, die von diesen klar ersichtlichen Vorteilen eines Hotel sicher nicht allzu viel halten würde.
Wir beschlossen also, so schnell wie möglich eine andere Behausung zu finden.
Beim abendlichen Stöbern in unserem Reiseführer, entdeckte Thorsten dann eine weitere interessante Option. Es gab einen Strand östlich von Caracas, an dem man für umsonst campen konnte. Dieser Strand wurde als idyllisch gelegen und als beliebter Anlaufpunkt von Travellern beschrieben. Unser Entschluss stand schnell fest: Machen wir uns auf an den Playa de Columbia, der an dem kleinen Ort Choroní lag.
 
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