Finstere ökonomische Visionen
Strategieforscher rechnen mit wirtschaftlichen Horrorszenarien -
US-Wirtschaft zwischen Bangen und Hoffen
Die Kosten der Operation Wüstensturm 1991 beliefen sich auf insgesamt 76,1
Milliarden Dollar. Für die wirtschaftlichen Folgen eines US-Angriffs auf
den Irak skizzieren Ökonomen unterschiedliche Szenarien.
Wien/Washington - "Gloomy" ist das Wort, das Konjunkturforscher gern in
den Mund nehmen, wenn sie auf das Jahr 2003 schauen und über die
Entwicklung der Weltwirtschaft spekulieren sollen. "Trüb" sind die
Aussichten, nicht zuletzt weil der Truppenaufmarsch im Golf schon voll im
Gang ist und nach dem Bericht des Chefs der UN-Waffeninspektoren, Hans
Blix, Ende Jänner aus dem "möglichen" ein ganz realer, neuer Irakkrieg
werden kann.
Drei Studien sind im Wesentlichen bisher veröffentlicht worden, die
errechnen, was die USA ein Feldzug gegen Saddam Hussein kosten könnte. Die
Zahlen bewegen sich zwischen 48 bis 60 Milliarden Dollar (Studie der
Demokraten im Haushaltsausschuss des US-Kongresses) und gehen von neun
Mrd. Dollar pro Kriegsmonat aus (Budgetamt im US-Kongress), bei
anfänglichen Kosten von neun bis 13 Mrd. Dollar für die Stationierung von
250.000 US-Truppen, fünf bis sieben Mrd. Dollar für ihre Rückverlegung und
monatlich einer bis vier Mrd. Dollar für die Besetzung des Irak.
Wie groß tatsächlich die wirtschaftlichen Belastungen für die USA und die
globale Konjunktur ausfallen, wird allerdings von Dauer und Verlauf des
Krieges abhängen: Anthony Cordesman vom Zentrum für Strategische und
Internationale Studien in Washington (CSIS) entwarf drei Szenarien:
Vier bis sechs Wochen Krieg: Die wahrscheinlichere Variante - zumindest
für Cordesman. Die USA und ihre Verbündeten gewinnen schnell den Krieg,
die Unsicherheit auf den Märkten weicht. Unternehmen und Verbraucher haben
wieder Vertrauen, die US-Wirtschaft wächst um zwei Prozent im ersten
Halbjahr und um vier Prozent im zweiten.
Sechs bis zwölf Wochen Krieg: Truppen, die loyal zu Saddam Hussein stehen,
leisten erbittert Widerstand und richten Schäden auf den Ölfeldern im Golf
an. Der Ölpreis klettert auf 40 Dollar pro Fass, das Wachstum der
Weltwirtschaft bleibt nahe Null.
Sechs Monate Krieg: Bagdad setzt Massenvernichtungswaffen gegen die
US-Truppen und Israel ein, die arabischen Regime kämpfen mit wachsender
Opposition. Der Ölpreis steigt auf 80 Dollar, die Industriestaaten
rutschen in die Rezession.
Für eine Gruppe von US-Ökonomen um William Nordhaus sind diese
Kalkulationen unvollständig: Die Kosten für einen tatsächlichen, ein
Jahrzehnt dauernden Wiederaufbau des Irak beliefen sich demnach auf
wenigstens 800 Dollar pro Kopf oder 20 Mrd. Dollar; ein Golfkrieg würde in
jedem Fall Auswirkungen auf den Ölmarkt haben und in den USA unter
Umständen jährlich höhere Importkosten von 200 Mrd. Dollar für die Dauer
von eineinhalb Jahren nach sich ziehen. Ein Verlust von zwei bis fünf
Prozent des Bruttoinlandsproduktes und eine allgemeine Rezession wären die
Folgen.
Operation Wüstensturm kostete 76,1 Milliarden Dollar
Gesicherte Zahlen - jedenfalls über die militärischen Kosten eines
Irakkrieges - gibt es indes zur Intervention von 1991: Die Operation
Wüstensturm verschlang nach amerikanischen Berechnungen insgesamt 76,1
Mrd. Dollar (nach heutigem Wert). Den Löwenanteil davon brachten die
Verbündeten der USA auf. Saudi-Arabien übernahm 29 Prozent, Kuwait 26,
Deutschland 16, Japan zehn und Großbritannien sieben Prozent der Summe.
Während die Deutschen 17 Mrd. Dollar (inklusive aller "Nebengeräusche")
nach Washington überwiesen und dafür die Mehrwertsteuer von 14 auf 15
Prozent erhöhen mussten, kamen die USA selbst mit vergleichsweise
bescheidenen sieben Mrd. Dollar weg.
So locker wie damals - bereits 1992 war ein Großteil der Kriegskosten
gedeckt - sitzen die Scheckbücher der Alliierten diesmal allerdings nicht.
Alle leiden unter der Wirtschaftskrise. Und alle fürchten sich vor dem
Szenario einer langen Intervention, deren Kosten explodieren könnten. 1991
konnte der Großteil der Truppen nach der Befreiung Kuwaits abgezogen
werden. So "günstig" dürfte die Aktion diesmal nicht kommen. - Ganz zu
schweigen von einem integrierten Zehnjahresprogramm zur Befriedung des
Irak, das Experten auf bis zu 1500 Mrd. Dollar taxieren. (Markus Bernath,
Christoph Prantner, DER STANDARD, Printausgabe 8.1.2002)
Strategieforscher rechnen mit wirtschaftlichen Horrorszenarien -
US-Wirtschaft zwischen Bangen und Hoffen
Die Kosten der Operation Wüstensturm 1991 beliefen sich auf insgesamt 76,1
Milliarden Dollar. Für die wirtschaftlichen Folgen eines US-Angriffs auf
den Irak skizzieren Ökonomen unterschiedliche Szenarien.
Wien/Washington - "Gloomy" ist das Wort, das Konjunkturforscher gern in
den Mund nehmen, wenn sie auf das Jahr 2003 schauen und über die
Entwicklung der Weltwirtschaft spekulieren sollen. "Trüb" sind die
Aussichten, nicht zuletzt weil der Truppenaufmarsch im Golf schon voll im
Gang ist und nach dem Bericht des Chefs der UN-Waffeninspektoren, Hans
Blix, Ende Jänner aus dem "möglichen" ein ganz realer, neuer Irakkrieg
werden kann.
Drei Studien sind im Wesentlichen bisher veröffentlicht worden, die
errechnen, was die USA ein Feldzug gegen Saddam Hussein kosten könnte. Die
Zahlen bewegen sich zwischen 48 bis 60 Milliarden Dollar (Studie der
Demokraten im Haushaltsausschuss des US-Kongresses) und gehen von neun
Mrd. Dollar pro Kriegsmonat aus (Budgetamt im US-Kongress), bei
anfänglichen Kosten von neun bis 13 Mrd. Dollar für die Stationierung von
250.000 US-Truppen, fünf bis sieben Mrd. Dollar für ihre Rückverlegung und
monatlich einer bis vier Mrd. Dollar für die Besetzung des Irak.
Wie groß tatsächlich die wirtschaftlichen Belastungen für die USA und die
globale Konjunktur ausfallen, wird allerdings von Dauer und Verlauf des
Krieges abhängen: Anthony Cordesman vom Zentrum für Strategische und
Internationale Studien in Washington (CSIS) entwarf drei Szenarien:
Vier bis sechs Wochen Krieg: Die wahrscheinlichere Variante - zumindest
für Cordesman. Die USA und ihre Verbündeten gewinnen schnell den Krieg,
die Unsicherheit auf den Märkten weicht. Unternehmen und Verbraucher haben
wieder Vertrauen, die US-Wirtschaft wächst um zwei Prozent im ersten
Halbjahr und um vier Prozent im zweiten.
Sechs bis zwölf Wochen Krieg: Truppen, die loyal zu Saddam Hussein stehen,
leisten erbittert Widerstand und richten Schäden auf den Ölfeldern im Golf
an. Der Ölpreis klettert auf 40 Dollar pro Fass, das Wachstum der
Weltwirtschaft bleibt nahe Null.
Sechs Monate Krieg: Bagdad setzt Massenvernichtungswaffen gegen die
US-Truppen und Israel ein, die arabischen Regime kämpfen mit wachsender
Opposition. Der Ölpreis steigt auf 80 Dollar, die Industriestaaten
rutschen in die Rezession.
Für eine Gruppe von US-Ökonomen um William Nordhaus sind diese
Kalkulationen unvollständig: Die Kosten für einen tatsächlichen, ein
Jahrzehnt dauernden Wiederaufbau des Irak beliefen sich demnach auf
wenigstens 800 Dollar pro Kopf oder 20 Mrd. Dollar; ein Golfkrieg würde in
jedem Fall Auswirkungen auf den Ölmarkt haben und in den USA unter
Umständen jährlich höhere Importkosten von 200 Mrd. Dollar für die Dauer
von eineinhalb Jahren nach sich ziehen. Ein Verlust von zwei bis fünf
Prozent des Bruttoinlandsproduktes und eine allgemeine Rezession wären die
Folgen.
Operation Wüstensturm kostete 76,1 Milliarden Dollar
Gesicherte Zahlen - jedenfalls über die militärischen Kosten eines
Irakkrieges - gibt es indes zur Intervention von 1991: Die Operation
Wüstensturm verschlang nach amerikanischen Berechnungen insgesamt 76,1
Mrd. Dollar (nach heutigem Wert). Den Löwenanteil davon brachten die
Verbündeten der USA auf. Saudi-Arabien übernahm 29 Prozent, Kuwait 26,
Deutschland 16, Japan zehn und Großbritannien sieben Prozent der Summe.
Während die Deutschen 17 Mrd. Dollar (inklusive aller "Nebengeräusche")
nach Washington überwiesen und dafür die Mehrwertsteuer von 14 auf 15
Prozent erhöhen mussten, kamen die USA selbst mit vergleichsweise
bescheidenen sieben Mrd. Dollar weg.
So locker wie damals - bereits 1992 war ein Großteil der Kriegskosten
gedeckt - sitzen die Scheckbücher der Alliierten diesmal allerdings nicht.
Alle leiden unter der Wirtschaftskrise. Und alle fürchten sich vor dem
Szenario einer langen Intervention, deren Kosten explodieren könnten. 1991
konnte der Großteil der Truppen nach der Befreiung Kuwaits abgezogen
werden. So "günstig" dürfte die Aktion diesmal nicht kommen. - Ganz zu
schweigen von einem integrierten Zehnjahresprogramm zur Befriedung des
Irak, das Experten auf bis zu 1500 Mrd. Dollar taxieren. (Markus Bernath,
Christoph Prantner, DER STANDARD, Printausgabe 8.1.2002)