BGH NJW 1980, 2263
A und B waren - beide 18-jährige - Mitschüler. Der dem B an Körperkräften überlegene A hatte den B schon seit längerer Zeit immer wieder attackiert und verprügelt. Nachdem A auch tags zuvor den B grundlos so heftig ins Gesicht geschlagen hatte, dass dessen Lippen aufgesprungen waren und er aus dem Mund geblutet hatte, kam es am Tattag wiederum zu einer Auseinandersetzung: Als B auf den Pausenhof kam, näherte sich ihm A alsbald und begann ihn zu beschimpfen, am Arm festzuhalten und ihm zunächst leichte Faustschläge gegen Oberkörper und Arme zu versetzen. Sogleich bildete sich ein Kreis von Mitschülern, auch Klassenkameraden der beiden, die das „Schauspiel“ verfolgten. Lehrkräfte waren zwar auf dem Pausenhof, aber nicht unmittelbar am Ort des Geschehens zugegen. B setzte sich, auch weil er sich vor den Augen seiner Mitschüler nicht demütigen lassen wollte, zur Wehr. Daraufhin ging der A in Boxerstellung und schlug nun kräftig auf B ein. In dieser Situation zog B seinen Fahrten-dolch, den er immer in seiner Hosentasche mit sich zu führen pflegte, und stach auf den anstürmenden A ein. Er traf A in den Oberkörper und verletzte ihn tödlich, womit B auch ernsthaft gerechnet hatte. In der Hauptverhandlung erstrebt die Anklagebehörde eine Verurteilung des B unter anderem auch mit folgenden Argumenten: Im Hinblick auf das Mitschüler-Verhältnis zu A hätte sich B nicht derart zur Wehr setzen dürfen. B selbst habe durch sein Erscheinen auf dem Pausenhof den A, von dessen feindseliger Einstellung ihm gegenüber er ja wusste, geradezu provoziert.
http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.w...=JJR_19790724_AUSL000_001STR00249_7900000_001
https://www.jurion.de/de/document/show/0:431191,0/
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 8. Dezember 1978 aufgehoben.
Der Angeklagte wird freigesprochen.