Vernünftige Gründe gibt es eigentlich nicht, es ist halt ein Tabu, über das man nicht mal nachdenkt, man fragt nur empört gegen wie Ampli oder ringt sich eine inhaltslose Phrase wie die vom "Recht auf Leben" (als würden wir nicht alle irgendwann sterben) ab.
Die Entstehung des Tabus in Kurzfassung:
Es ist Aufklärung, Moderne und wissenschaftliche Revolution. Man fängt an, sich aufs Diesseits zu konzentrieren und auf die Verbesserung des diesseitigen Lebens. Das hat zwei Aspekte, "Humanisierung" und "Disziplinierung", beide sind untrennbar verbunden. Man geht netter miteinander um, einmal, weil man das "menschlicher" findet, aber genauso, um Mehrwert aus den Mitmenschen rauszuschlagen - Hand abhacken senkt die Arbeitskraft beträchlich, Kopf abhacken sogar absolut. Also geht die Tendenz weg von drakonischen Strafen hin zu konstanter, unmerklicher Regulierung, Disziplinierung und Fürsorge.
So verändert sich auch die Obrigkeit. Der vormoderne Fürst kann noch über Leben und Tod entscheiden, der modernen Regierung wird dieses zunehmend verwehrt. Sie wird "Bio-Macht", wie Foucault es etwas albern ausdrückt und ihre Aufgabe wird die Maximierung menschlichen "Lebens". Anfang des 20. Jhds. ist Eugenik noch denkbar - also Lebensmaximierung / -"optimierung" durch gezielte Vernichtung - aber nach dem nazideutschen Desaster ist diese Richtung tot.
Seitdem liegt die Regierungsaufgabe eindeutig in der Lebensverlängerung, -erweiterung, und -intensivierung: Recht auf Leben, Recht auf Bildung, Recht auf Entfaltung, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Schutz vor jedwedem Unglück, Verhinderung aller denkbaren Unglücksfälle. Arme dürfen nicht so arm sein, dass ihre physische Existenz bedroht ist, Kranken muss geholfen werden, Suizide sind zu verhindern, Sterbehilfe ist untersagt, ebenso Körperstrafen und nach der Logik selbstverständlich erst recht die Tötung eines Menschen durch einen westlichen Staat (mit der Ausnahme der atavistischen USA). Die einzige Strafe, die akzeptabel erscheint, ist demnach die Totalisierung der Disziplin im Vollzug.