Ich habe Frank Plasberg eine Email geschrieben.
Von:
blabla@gmx.de>
An:
hart-aber-fair@wdr.de
Betreff: KAAS-Video in der Sendung vom 11.03.2009
Sehr geehrte "hart aber fair"-Redaktion, sehr geehrter Herr Plasberg,
nachdem ich im Zuge der allgemeinen Berichterstattung über den Amoklauf in Winnenden auch Ihre Sendung verfolgt habe, gibt es dazu noch etwas Gesprächsbedarf.
Gegen Ende der Sendung verwiesen Sie, Herr Plasberg, auf das zu diesem Zeitpunkt noch abrufbaren Video des Künstlers Kaas zu seinem Lied "Amokzahltag" und zeigten einen zwangzigsekündigen Ausschnitt daraus. Daraufhin ließ vor allem Wolfgang Bosbachs Reaktion nicht lange auf sich warten, der die Menschenwürde und ähnliches angegriffen sah.
Mir war das Video schon seit einem Monat bekannt. Und zwar die vollständige Version. Dort ist am Anfang für sieben Sekunden mit weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund vermerkt:
"Ich möchte mit diesem Song Menschen dazu inspirieren ihre Aggressionen in Kunst zu verwandeln, in dem sie Bücher schreiben, Bilder malen oder auch Musikstücke über ihre Gefühle komponieren.
Auf der anderen Seite möchte ich mit diesem Lied darauf aufmerksam machen das der Grund für diese Amokläufe der Mangel an Nächstenliebe in unserer Gesellschaft ist.
Somit wäre es schön, wenn das Lied als Mahnmal gesehen wird, und als Erinnerung jedem Mitmenschen, aber ganz besonders den Aussenseitern unter uns, mit güter Liebe entgegen zu treten.
Liebe ist die Lösung.
Ich liebe Dich,
dein KAAS."
Mit dieser Voreinblendung ist die Absicht des Künstlers hinreichend erklärt und stellt ihn meilenweit abseits des Verdachts, mit der Menschenwürde Schindluder zu treiben oder leichtfertig mit solch einem sensiblen Thema umzugehen. Im Gegenteil. Hier beweist ein jünger Künstler aus Reutlingen Verstand, Verantwortung und Sorgfalt. Er macht sich Gedanken über unsere gesellschaft, über deren Außenseiter und soziale Missstände.
Behandelt man diesen Menschen korrekt, indem man sein Werk zweckentfremdet zum Instrument in einer Talkshow macht? Ist die Absicht des Künstlers richtig wiedergegeben worden? Wieso wurde die Zusatzinformation ausgespart, dass die Schulszenen des Videos aus einer Diplom-Abschlussarbeit der Kunstschule Esslingen stammen? Welchen Sinn hatte die Vorführung dieser unkommentierten 20 Sekunden? Wieso beschleicht mich der Verdacht, dass es dabei um einen Sündenbock ging und nicht um ein breit gefächertes Informationsangebot für den Zuschauer?
Liebe "hart aber fair"-Redaktion, lieber Herr Plasberg, ich bin von Ihnen als rechtschaffene Journalisten im öffentlich-rechtlichen Fernsehbetrieb enttäuscht. Eine solch verkürzte Verwendung des Videos an dieser Stelle der Sendungsdramaturgie stellt für mich einen sorglosen Umgang mit Fakten dar, der sich nicht mit journalistischer Berufsethik vereinbaren lässt.
Außerdem finde ich es unverantwortlich dem Künstler und seinen Gefühlen gegenüber, sein Werk derartig verkürzt zu instrumentalisieren und ihn als eine Art Sündenbock am Ende der Sendung stehen zu lassen.
Ich hoffe auf eine Richtigstellung zu Gunsten des Künstlers KAAS im Rahmen Ihres Faktenchecks und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
blabla.