Teufelskreis

Fage MC

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11. Juli 2004
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8 Monate hat er verbracht im Dunkeln in ner weichen Kugel
frei zur Entfaltung, sodass ihm Arme und Beine wuchsen!
Doch gegen Ende wurd‘ es eng und so spürte man ihn nach Freiheit rufen
vier Wochen früher als gedacht wollt‘ er das Weite suchen!

Und boah, das hier ist knallhart, ein gottverdammter Kraftakt!
Alle sind froh, dass er es jetzt schon bald gepackt hat!
Er kommt ans Licht, faltig und sterbensbleich
doch durch die Halle hallt voll Kraft und Zuversicht sein erster Schrei!



3 Jahre später an einem der ersten Wintertage
dick eingepackt im Hof von seinem Kindergarten
Er spielt mit ein paar Jungs und sie fragen nach seinem Vater
„Ich habe keinen Vater“ sagt er, und alle lachen!

Nach ein paar Stunden Grübeln fragt er abends seine Mom
„Wo ist mein Papa?“, sie seufzt traurig und nimmt ihn in den Arm!
Sie sagt leise: „Dein Papa kam aus ‘nem andern Land
Er verließ mich, als ich schwanger war mit dir, feige, er hatte Angst!

Aber kuck, wir zwei sind stark, geh’n gegen die Welt und steh’n zusamm’n!
wir brauchen keinen Mann, wir sind ohne den Kerl viel besser dran!“
Tränen auf ihr’m Gesicht, er spürt, wie schwer es für sie ist
und nimmt ‘nen Teil der Last, die ihren Rücken beugt, von nun auf sich!



Jetzt ist er acht Jahre alt und boxt sich ständig in der Pause
Keine Freunde in der Schule, aber ständig blaues Auge!
An sich ein schlauer Junge, doch beim Klassenfoto steht er außen
Legt sich immer mit Ältr‘en an, lacht nie und redet kaum!

Und die Lehrer sagen seiner Mutter, er sei aggressiv
Sie wundert sich, zu Hause ist er niemals anders als brav und lieb!
Er widerspricht ihr nie, ein guter Junge, er macht so viel
Im Haushalt, albert herum, heitert sie auf und lacht mit ihr!

Nur dass er nie Freunde mitbringt, darauf hat sie ihn angesprochen
Er schien peinlich berührt und schrie sie an, daraufhin schwieg sie ganz betroffen!
Sonst scheint er ausgeglichen, sanftmütig, lebensfroh und frei von Groll,
Doch selbst auf seine Mutter wirkt er irgendwie geheimnisvoll…



Wieder ein paar Jahre später, immer noch ein Einzelgänger
Er gibt ‘n Scheiß auf all die anderen und glaubt das wird auch keiner ändern!
Zwar ist er recht beliebt, niemand traut sich ihn zu stressen
Doch schenkt ihm wer ‘n Lächeln, zieht er eine miese Fresse!

Er steht morgens an der Ecke, mit Zigarette, so cool und fletscht
die Zähne, der einsame Wolf wird seinem Ruf gerecht!
Schon einige Mädchen versuchten’s bei ihm vergebens,
seine Mutter bleibt die einzige Frau in seinem Leben!

Doch sie riecht nicht den Rauch in seinen Haar’n, sie sieht nicht, was er treibt,
ihr Blick ist nach der Arbeit müde und getrübt vom Wein!
Sie ist so stolz, dass er die Schule packt und gute Noten bringt
Und merkt nicht, wie des Nachts auch ihr Sohn von ihrem Rotwein trinkt!



Und kurz darauf folgt er dann doch dem Ruf der Hormone
Der Wodka floss reichlich, wer denkt da noch an Kondome?
Sie ist zwei Jahre älter und klammert sich an ihm fest!
Im Glauben, dass sie die erste ist, die er an sich ranlässt!

Doch am nächsten Tag, wacht er früh auf mit nem dicken Schädel,
steht auf, kotzt den Scheiß aus sich raus und vergisst das Mädel!
Sie denkt noch tagelang an ihn und weint feuchte Tränen,
währenddessen keimt in ihr der Spross eines neuen Lebens!



Und als er Monate später mal wieder mit allem hadert
Steht sie plötzlich da, vor seiner Tür, und sagt „du wirst Vater!“
Er schaut so dumm aus der Wäsche _ und er sagt keinen Ton!
dann schmeißt er schweigend die Tür vor ihrer Nase zu – einfach so!

Ihr geht’s richtig dreckig, von der Familie geächtet,
von ihren Freunden belächelt oder als **** gestempelt.
Doch sie kämpft und will nicht glauben, dass Gott sie verlassen hat,
sie wiegt den Sohn in den Armen und flüstert ihm zu: „Wir schaffen das!“



Sie schreibt ihm einen Brief! Er sagt nichts während er ihn liest
Doch plötzlich weint er, schreit und flucht und hasst sich selbst so abgrundtief!
Und er traktiert die Wand des Zimmers voller Kraft mit seinen Fäusten
denn er sieht, er ist nicht besser als der Bastard der ihn zeugte!

Auch seine Mutter weint, weil sie die ganze Tragik blickt
Ein Junge ohne Vater kann nicht wissen was ein Vater ist!
Sie schließt ihn in den Arm, schüttelt ihn unter Heul’n und schreit:
Bitte mein Junge, bitte durchbrech‘ den Teufelskreis!
 
mir gefällt der text ganz gut. klingt fast wie selbst erlebt. meiner meinung nach ein gutes storytelling oder wie man das nennt hehe!
 
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