In Deutschland finden Politik und viele Medien, organisierte und spontane Öffentlichkeit zusammen im Protest wider den islamistischen Terror und im demonstrativen Bekenntnis zu Meinungs- und Pressefreiheit in der offenen Gesellschaft. Zugleich schließen sie die „rechte“ Szene aus der offenen Gesellschaft aus. Sie bilden eine Front gegen Pegida und ähnliche Kräfte, aus Sorge, diese könnten sich durch die Pariser Anschläge bestätigt sehen und daraus Nutzen ziehen. Dass aber selbst die Schmuddelkinder der Nation an der Meinungsfreiheit teilhaben, spielt in der Ächtungs- und Ausstoßungsrhetorik keine Rolle. Erst in allerjüngster Zeit wagen leise Stimmen, auch an die Freiheit der Verpönten zu erinnern. In der Tat scheint die Sonne der Grundrechte über Gerechte und Ungerechte, über Aufklärer und Aufklärungsverweigerer. Die Meinungsfreiheit fragt nicht danach, ob die Meinungen, die sie schützt, gut oder böse, klug oder dumm, verantwortungsbewusst oder verantwortungslos, integrationsförderlich oder -schädlich sind. Die Meinungsfreiheit erteilt keine moralischen, intellektuellen oder politischen Gütesiegel. Sie gewährleistet lediglich allen Äußerungen, die unter ihren Tatbestand fallen, den staatlichen Schutz.
Das demonstrative Bekenntnis zur Verteidigung der Meinungsfreiheit ist hier denn wohl nicht als bare Münze zu nehmen. Eher lässt es sich dahin verstehen, dass die „Koalition der Anständigen“ nur den „anständigen“ Gebrauch der Freiheit hinnehmen will und für unanständig erklärt, was die muslimischen Zuwanderer beleidigen könnte. Doch zu solcher Bekundung wäre der Anschlag auf das Satiremagazin der falsche Anlass; denn dessen scharf-witzige Karikaturen verletzen das religiöse Ehrgefühl der Muslime viel tiefer als dumpfe Versammlungsparolen, die sogleich durch Gegenversammlungsparolen erwidert werden.
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