Berlin –
In der Haupstadt Berlin wird eigentlich immer gebaut. Aber diese Baustelle hat ganz besondere Folgen – auch für Bürger, die eigentlich 14 Kilometer entfernt im Stadtteil Karlshorst wohnen.
So wie das Ehepaar Monika (80) und Wolfgang (83) Sparfeld. Weil Olaf Scholz mehr Platz braucht, weil das Bundeskanzleramt im Bezirk Mitte erweitert wird, fehlt ihnen in Karlshorst bald die Garage für ihren kleinen roten Renault. Wie geht denn das?
Die Erweiterung des Kanzleramtes startete im Januar 2023, soll bis 2028 fertig sein
Foto: Ralf Günther
BILD trifft Rentner Wolfgang Sparfeld (83), als er gerade seinen Renault in eine enge Parklücke zwängt – geschafft! 50 Jahre hatte er eine komfortable Miet-Garage. Aber die wurde ihm wie anderen auch gekündigt, neuerdings hängt ein Schloss davor.
Anfang 2025 werden alle 197 Garagen abgerissen, machen Platz für ein Biotop. Was kaum jemand weiß: Auch Erholungsgärten werden hier plattgemacht, damit das Kanzleramt größer wird.
Die Garagen stehen in vier Reihen, werden im ersten Quartal 2025 abgerissen
Foto: Ralf Günther
Denn in
Berlin-Mitte wachsen an einem langen Gang 400 Kanzleramts-Büros, eine Fußgängerbrücke über die Spree, ein Hubschrauberlandeplatz. Viel Beton, für den 180 Robinien und Pappeln gefällt wurden. Der gesetzlich vorgeschriebene Grün-Ausgleich für die Mega-
Baustelle wird woanders vollzogen. Denn nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind Kommunen und Gemeinden verpflichtet, für größere Bauvorhaben anderswo auf ihrem Gebiet ökologische Ausgleichsflächen anzulegen und diese zu pflegen.
Klingt wegen der Entfernung in diesem Fall merkwürdig, ist aber bei vielen anderen Bauprojekten auch nicht anders. „Es gibt keinen Spielraum, man muss ja vorhandene öffentlichen Grundstücke nutzen“, sagt die
CDU-Abgeordnete Lilia Usik (35). Was sie ärgert: „Ich dränge darauf, dass sich die Parknot nicht noch weiter verschärft.“ Denn: An der Zwieseler Straße, wo die Sparfelds wohnen, werden auch noch 321
Wohnungen gebaut.
Seltsam: Für das neue Grün muss auch altes Grün weg. Nicht nur die 1972 eingeweihten Garagen weichen, sondern auch Nachbarn mit ihren Erholungsgärten. Ende des Jahres müssen sie ihre gepachteten Paradiese räumen. Denn die Ausgleichsflächen müssen besonderen ökologischen Kriterien entsprechen.
Heinz Dargelis (84) hat zwar selbst auf seinem Grundstück eine Parkmöglichkeit. „Aber in der Straße ist es immer voll, abends ist nichts mehr frei“
Foto: Ralf Günther
Auch Hans-Joachim Krüger (76) verliert seinen geliebten Seerosenteich. Der Rentner traurig: „Mich könnten jetzt nur noch Kreuzkröten retten. Die sind so geschützt, dass ich bleiben dürfte.“ Bislang hat er aber keine in seinem Garten gesichtet ...
Hans-Joachim Krüger (76) wurde auch sein Erholungsgarten (580 m²) zum Jahresende gekündigt. Er hat ihn seit 50 Jahren
Foto: Ralf Günther