Der Völkermord an den Armeniern
Ein weiterer Aspekt des Verhältnisses zu ethnischen und religiösen Minderheiten, aber auch des Umgangs mit historischer Verantwortung, ist die türkische Leugnung des Völkermords an den Armeniern während des 1. Weltkriegs. Der Hamburger Jurist Otto Luchterhandt vertritt die These, es sei "undenkbar, dass die Türkei mit ihrer verstockten Haltung in dieser Frage in die Europäische Union aufgenommen wird […]" (Otto Luchterhandt, Der türkisch-armenische Konflikt, die Deutschen und Europa, Hamburger Beiträge zur Friedensforschung und Sicherheitspolitik, 2003, S. 60). Dem hält Heinz Kramer von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" (Heinz Kramer, EU-kompatibel oder nicht?, SWP Studie Nr. 34, Berlin August 2003, S. 15) entgegen, eine Änderung der türkischen Position sei zwar dringend geboten, aber auch die jetzigen Mitgliedstaaten der EU würden einem derartigen Kriterium bezüglich des Umgangs mit ihrer Vergangenheit nicht immer gerecht. Außerdem wäre ein solches Kriterium nicht vertretbar, solange sich auch zahlreiche EU-Staaten aus Gründen politischer Opportunität in ihrem Verhältnis zur Türkei weigern, den Völkermord offiziell anzuerkennen.