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Die meisten Rollläden in der ruhigen Wohnstraße im Kölner Rechtsrheinischen sind noch heruntergelassen, als zehn Polizisten einer Hundertschaft und von der Kölner Kripo am Mittwochmorgen um sechs Uhr an einem Einfamilienhaus klingeln. Sie wollen zu Jörg Fischer (Name geändert), der hier mit seinen Eltern und seinen Geschwistern wohnt. In der großzügigen Einfahrt steht ein Auto mit einem FC-Aufkleber am Heck.
Jörg Fischer soll einer der Männer sein, die an den Ausschreitungen in Nizza beim Conference-League-Auswärtsspiel des 1. FC Köln beteiligt war. Die Polizisten betreten das Haus und nehmen ihn fest. Zwei Stunden später kommen sie mit großen, braunen Papiertüten wieder heraus und verstauen sie in einem Kombi. In den Tüten stecken potenzielle Beweismittel.
Die Adresse im Rechtsrheinischen ist eine von 16, an denen die Polizei am Mittwochmorgen vorstellig wird. Andere liegen zum Beispiel in Köln-Bickendorf, aber auch in Hürth, Pulheim und Bergisch Gladbach. Die Ermittler haben Durchsuchungsbeschlüsse und Haftbefehle dabei, ihre Razzia richtet sich gegen mutmaßliche Fußball-Gewalttäter aus dem Umfeld des 1. FC Köln, die an den Randalen von Nizza vor einem Monat beteiligt gewesen sein sollen. In den Haftbefehlen wird den Verdächtigen Landfriedensbruch und Körperverletzung vorgeworfen.
1. FC Köln will Gewalttätern Stadionverbot erteilen
Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Morgen empfängt der 1. FC Köln Partizan Belgrad zum nächsten Heimspiel in der Conference League, die Partie gilt als Hochrisikospiel. Die Polizei erwartet ungefähr 1000 Anhänger aus Belgrad, darunter wohl auch Gewalttäter. Zumindest die bei der heutigen Razzia verhafteten Anhänger des 1. FC Köln werden die Begegnung aber nun nur im Gefängnis verfolgen können. Mit der lange vorbereiteten Aktion am Mittwochmorgen will die Polizei zudem ein Signal an die Szene richten: Die Krawalle von Nizza haben Folgen, das bekamen die ersten 16 Verdächtigen jetzt zu spüren. Der 1. FC Köln hatte bereits gleich nach den Ausschreitungen angekündigt, überführten Gewalttätern ein Stadionverbot zu erteilen sowie Dauerkarten und die Vereinsmitgliedschaft – falls vorhanden – zu entziehen.
Das Conference-League-Spiel zwischen OGC Nizza und dem 1. FC Köln am 8. September war mit knapp einer Stunde Verspätung angepfiffen worden, weil es vor dem Stadion und anschließend auf den Tribünen Schlägereien und Hetzjagden unter gewaltbereiten Anhängern beider Clubs gegeben hatte. Pyrofackeln wurden geworfen, auch Messer kamen zum Einsatz. Nach Polizeiangaben wurden 32 Menschen verletzt. Ein Anhänger des Pariser Clubs St. Germain, dessen Ultra-Fans eine Freundschaft zu den Kölner Ultras pflegen, stürzte von der Tribüne des Mittelrangs fünf Meter in die Tiefe und erlitt schwere Verletzungen.
Die Polizei Köln richtete eine Ermittlungsgruppe ein, die hunderten Hinweisen auf Beteiligte aus Köln nachging – offenbar ist es den Ermittlern in den vergangenen vier Wochen nun gelungen, mehrere Beteiligte zu identifizieren, die unter anderem auf Fotos und Videos der Krawalle zu sehen waren. Die UEFA hat den 1. FC Köln wegen der Ausschreitungen zu einer Geldstrafe von 100.000 Euro verurteilt, außerdem dürfen in den nächsten beiden Auswärtsspielen des FC in der Conference League keine Tickets an FC-Fans verkauft werden.