Ohne falsche Bescheidenheit und souverän wie ein Meisterboxer pocht Azad auf die Krone im deutschsprachigen HipHop. Hart und direkt, ganz wie es seine Art ist.
Mit seiner Familie kam Azad (= „Frei“) 1974 im Alter von neun Monaten aus dem kurdischen Teil des Irans nach Frankfurt. Die Eltern waren politisch aktiv, die Mutter hatte in der Heimat Psychologie studiert. „Der frühe Kontakt mit HipHop war ein entscheidender Moment. Hier gab es plötzlich eine neue, künstlerische Ausdrucksform, die zu meinem wichtigsten Antrieb wurde. Rap war plötzlich Teil meiner Erziehung. Eine krankhafte Liebe, die bis heute andauert.“ Die legendäre Rhein-Main-Crew Asiatic Warriors, mit der er Anfang der Neunziger als raue Vorstadttruppe diverse Shows rockte, erinnert an diese frühe Phase. Moses P. erkannte seine überragende Bühnenpräsenz und holte ihn 1997 zum 3p-Label. Ein erster Schritt raus aus dem Underground. „Aus dieser Zeit stammt das Schlagwort von der ´Ein-Mann-Armee´.“ Eine breite musikalische Basis, die 2001 auf seinem Debutalbum „Leben“ und zwei Jahre später beim Nachfolger „Faust des Nordwestens“ zum Ausdruck kam. Schon damals standen harte, kämpferische Tracks kleinen Beat-Kunstwerken und fast schon elegischen R´n`B-Songs wie „Drama“ (mit Linda Carriere) oder „Mein Licht“ (eine Liebeserklärung an seine Tochter) gegenüber. Mit dem Wechsel zu Urban und der Gründung des eigenen Labels Bozz Music erreichte Azad 2004 endgültig jene wirtschaftliche und inhaltliche Freiheit, für die er so lange geackert hatte. Eine eigene Künstlerfamilie, die sich mit Jonesmann und den Jungs seiner Crew Warheit, Jeyz, Chaker und Sezai, aus den alten Homies zusammenfindet. Der Bozz ist nach all den Jahren zu einem Markenzeichen geworden, das ohne jede Kompromisse ganz oben in den offiziellen Charts mitmischt. Allein sein Album-Gipfeltreffen mit Kool Savas „One“ verkaufte im März 2005 aus dem Stand über 100.000 Einheiten. Azad hatte das nächste Level erreicht.
„Mir war im Vorfeld des neuen Albums klar, dass ich einen Schritt weitergehen musste. Eine weitere Battle-Platte hätte für mich in gewisser Weise Stillstand bedeutet und so sind von den 16 Songs des Albums nur noch drei, vielleicht vier klassische Punchline-Tracks, auf denen ich voll auf die Kacke haue. Mir war es wichtig, auch mal andere Bilder in meinen Geschichten von der Straße zu verwenden.“ Da geht es etwa in „Krankfurt“ um einen düsteren Blick auf die Schattenseiten seiner Hometown. Während in den Banktürmen das globale Business regiert, rutschen die Junkies immer tiefer ab. „Die Stadt, in deren Adern Crack fließt - es macht krank, wenn du den Dreck siehst“ heißt es in einer Zeile. „Ich musste mir also überlegen, wohin die Reise geht“ fasst Azad die Arbeit zu "Game Over" zusammen. „Bei mir fließen die Zeilen immer noch aus einem kaputten Kopf. Ich bin definitiv Straße und erzähle Geschichten aus dem Block. Das ist mein Style, den ich liebe und nur daraus kann sich überhaupt etwas entwickeln. Es ist eine Art Beton-Poesie.“ Aus spontanen Gedanken entspringen dann neben der furiosen Standortbestimmung „Game Over“ (mit Jonesmann) reflektierende Soulsongs wie „Mein Song“, in dem Azad sein Leben von den kurdischen Wurzeln bis heute Revue passieren lässt oder das persönliche Statement „Eines Tages“ (mit Cassandra Steen). Tracks wie „Weiße Taube“ (eine Friedenshymne mit Featuregast Xavier Naidoo) oder dem gemeinsamen Song mit dem bekannten kurdischen Sänger Sivian Perwer („Stadtfalke“) unterstreichen Azad´s Vielfaltigkeit beim Spiel mit Poesie und Rhythmus. Auch wird man ein Akon-Feature auf dem Album finden, welches im Gegenzug zu Azad´s Feature beim Track „Locked Up“ entstand. Immer wieder gibt es überraschende, verwirrende Wendungen, die Azad aus den „krassesten Beats“ herausgefiltert hat, die er finden konnte. Eine typische Bozz-Produktion eben. Musikalisch wie textlich ein Meisterstück der harten HipHop-Schule!
„Azad kommt und übernimmt das Spiel, jetzt ist Game Over!“