Das mit den Vorurteilen ist ja generell ein schwieriges Thema.
Beispielhaft:
Da kommen Statistiken, die sagen, dass Südländer prozentual mehr Gewaltdelikte begehen. Und Zeitungsartikel über Südländer die jemanden zusammengeschlagen haben. Immer mal wieder.
Welchen Effekt und Nutzen haben diese Informationen in der Praxis? Was genau soll einem damit vermittelt werden, welche Schlussfolgerung kann daraus gezogen werden?
Mir fällt beim besten Willen nichts anderes ein, als dass ich mir bei Südländern mehr Sorgen machen muss zusammengeschlagen zu werden als bei "Deutschen". Und solche Berichte und Statistiken kriege ich immer mal wieder mit, und jedesmal verankert sich diese Schlussfolgerung etwas tiefer. Ich fange an mich unsicher zu fühlen wenn ich Südländern begegne, weil mir diese Statistiken und Berichte im Hinterkopf rumgeistern. Eventuell trifft es mich irgendwann sogar mal selber und ich werde - offensichtlich grundlos - tatsächlich von Südländern blöd angemacht. Dann kann ich mir auch endlich freudig selber sagen, dass ich Recht gehabt habe vorsichtig zu sein, und sogar noch nicht vorsichtig genug war.
Jetzt bin ich Südländer. Täglich begegnen mir immer wieder Deutsche, die plötzlich vorsichtiger werden wenn sie mich sehen. Das passiert mal mehr und mal weniger offensichtlich. Und ich nehme es mal mehr und mal weniger bewußt wahr. Aber jedesmal denke ich mir, wieso? Warum guckt der auf einmal so ängstlich? Wieso ist der plötzlich so angespannt?
Und die ersten x Mal wundere ich mich einfach nur. Irgendwann fängt es an mich langsam zu ärgern, weil es so grundlos ist. Und irgendwann habe ich vielleicht nen Scheißtag, begegne wieder jemandem der mich bemerkt und schnell ängstlich wegguckt und ich muck ihn aggresiv an "ey, hast du'n Problem?!"
Sowas schaukelt sich gegenseitig hoch. Und macht somit Statistiken, die eigentlich lediglich den Ist-Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt beschreiben, zu einem gewissen Grad zu "self-fulfilling prophecies".