Der Pfarrerssohn Tilmann Otto schmiss die Schule und hat heute Fans beiderseits des Atlantiks.
VON NORBERT RAMME
Der einzige Weiße, der als Musiker in Jamaika derzeit ernst genommen wird, ist ein Gentleman. So nennt sich Tilmann Otto (27) mit Künstlernamen, seit er seine Vorliebe für die Reggae-Rhythmen der Karibikinsel entdeckt hat. Im Vorjahr ist er mehrfach in Jamaika aufgetreten und durfte gar im "Tuff Gong"-Studio von Reggae-Legende Bob Marley seine neue CD produzieren. "Damit ist man in der Szene geadelt."
Vorläufiger Höhepunkt einer musikalischen Karriere, die vor zehn Jahren begann. "Ein Freund hatte mir von der Insel und der Musik vorgeschwärmt, und so bin ich mit 17 in der Ferien dahin." Nach sechs Wochen zurück in Köln, war klar. "Ich war irgendwie infiziert. Reggae war für mich »round the clock« am Start." Otto verließ vorzeitig das Hansa-Gymnasium und jobbte in Kneipen und Discos für den nächsten Karibik-Trip. Durchaus mit dem Segen seines Vaters, den eines evangelischen Pfarrers. "Meine Eltern haben meine Entscheidungen stets akzeptiert." Hatte er bislang nur Bläck-Fööss-Hits im Schulchor gesungen, trat er in Jamaika nun bei kleineren Wettbewerben gegen lokale Talente an. "Da habe ich meine ersten Feuerproben bestanden." Sein Stil lag irgendwo zwischen Hip-Hop und Soul.
Mit seinen Texten näherte er sich seinen Vorbildern ("Ich will lieber von Einflüssen und Inspiration reden") an. "Ich bin aber kein Rasta¦mann und singe auch nicht über das Leben im Ghetto." Seine Themen sind Aufrichtigkeit und Frömmigkeit, Lebensfreude und Solidarität mit Schwächeren. "Die Botschaft funktioniert." Wieder in Deutschland, tingelte er mit einem Hamburger Soundsystem, einer Gruppe junger DJs, durchs Land. Im Stuttgarter Raum freundete er sich mit der Hip-Hop-Gruppe "Freundeskreis" an, sang bei deren Hit "Tabula rasa" mit und wurde von den "Fantastischen Vier" engagiert. "Seitdem kann ich von meiner Musik ganz gut leben. Meine Freundin und unser Sohn Paul Simon auch." In Jamaika gibt es seine Songs sogar noch auf Platte. "Und das Beste ist: Die wissen gar nicht, dass da ein Weißer singt. Das interessiert auch keinen. Hauptsache, Text und Rhythmus stimmen."
Die neue CD "Journey to Jah" erscheint am 25. März. Am 30. April macht Gentleman auf seiner Tour in der Kölner Essig-Fabrik halt.