Neues von der Heimatfront - Der Thread für deutsche Politik III

Ey Alla, ich kann dich übelst gut leiden, aber bei dem Vokabular kommt mir immer die Galle hoch. Jetzt unabhängig von den konkreten Zahlen, aber "leistungsträgerfeindlich"? Erstmal wird sich kein ambitionierter junger Mensch hinstellen und sagen "Spitzensteuersatz schon ab 80k, dann werde ich Ausbildung und Uni jetzt bisschen schleifen lassen" und zweitens würde ich behaupten, dass die Leistungsbereitschaft weitesgehend unabhängig von der Besteuerung ist (Extrema mal außen vor).

Was mich aber wirklich stört ist der Begriff an sich. Leistungsträger, Leistungsgesellschaft. Der einzige Indikator für Leistung ist demnach "verdientes Geld in Euro pro Monat". Das kommt jetzt sehr idealistisch und pathetisch daher, aber was ist mit den ganzen anderen Leuten, die mMn viel leisten, nur geldtechnisch eben nicht besonders entlohnt werden. Ich war letztens im Rahmen eines Studentenjobs in sechs Kindergärten. Dabei ging es um die Qualitätsanalyse frühkindlicher Förderung. Die Qualitätsunterschiede waren erschreckend. Dabei muss man sagen, dass die Anforderung für eine gute Bewertung sehr hoch waren. Ein Kindergarten hat dabei eine Topbewertung bekommen:
der Umgang der Erzieherinnen mit den Kindern, die Struktur im Tagesablauf, die Gestaltung der Räumlichkeiten (die natürlich auch vom Träger abhängt) - alles vorbildlich. Allerdings wird diese besondere Leistung der Angestellten nicht honoriert und solche Leute müssen sich dann abends irgendeinen Unsinn über "Leistungsträger" anhören.

Damit will ich übrigens nicht sagen, dass Personengruppe A oder B mehr oder weniger verdienen soll oder muss. Mir geht es einzig um die Wahrnehmung von Leistung.

Dass die Besteuerung 50% nicht überschreiten darf, wurde doch vom BverfG schon in den 90ern durch ein Grundsatzurteil festgestellt, da das sonst einer Form von Enteignung gleichkommen würde.
Mit dem Wort Leistungsträger wollte ich nicht zum Ausdruck bringen, dass Berufsgruppen, die weniger verdienen, keine Leistung bringen.
Ich finde auch, dass die Bezahlung in erzieherischen Berufen zu niedrig ist, gemessen an der Bedeutung für die gesellschaft, während andere in Branchen, zum Beispiel Arbeiter in der Stahlindustrie, überbezahlt sind. Das hat auch mit den verschieden starken Gewerkschaften zu tun.
Bei einem Arbeitsverhätnis stehen sich dennoch Leistung (Arbeit) und Gegenleistung (Gehalt) gegenüber. Und dieses Verhältnis wird durch Besteuerung in ein Ungleichgewicht gebracht, was in angemessenen Rahmen auch legitim ist.
Ein Erzieher der jetzt 100 Leistung erbringt kann - 20 Prozent Steuern unterstellt - 80 Prozent der Gegenleistung behalten. (unabhängig davon, ob er zu wenig Geld bekommt)
Wenn jetzt ein angestellter Besserverdiener auch 100 Prozent Leistung erbringt, aber nur 50 Prozent seiner Gegenleistung behalten darf, dann wird er dies subjektiv als Nicht-Wertschätzung und Ungerechtigkeit empfinden.
Leistung meinte ich auch im Bezug darauf, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die hier höher besteuert werden sollen, eben durch eigene Leistung erarbeitet wurden.
Einkünfte aus Kapitalvermögen (zum Beispiel die Zinsen der wirklich reichen Menschen, die ihr (zum Teil geerbtes) Geld einfach irgendwo in Anlageprodukten parken) sind von einer Einkommenssteuererhöhung sowieso nicht betroffen.

Und es gibt junge Menschen, die sich sehr wohl bei der Berufswahl von der Besteuerung beeinflussen lassen.
Ein Kumpel von mir ist verdient momentan zum Beispiel 45-50k Brutto im Jahr und arbeit dafür etwa 40h plus 5 bezahlte Überstunden die Woche, er hätte aber auch die Möglichkeit gehabt in einem anderen Job gut 70-80k Brutto zu verdienen, hätte dafür aber min. eine 70h Woche in Kauf nehmen müssen. Der zeitliche Mehraufwand in Verbindung mit dem progessiven Steuersatz hat ihn aber dazu veranlasst, die höher bezahlte Stelle nicht anzunehmen, da die Differenz zum stressigeren aber besser bezahlten Job zu gering war, wenn man den steuerbereinigten Stundenlohn pro mehrgeleisteter Stunde betrachtet.
Derartige Erwägungen werden durch diese Schwelle doch gefördert.

Zumal wir sowieso noch den Solidaritätszuschlag haben, durch den der Steuersatz sehrwohl nah an die 50 Prozentgrenze dranrückt.

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Hinzu kommt ja noch, dss die Grünen auch das Ehegattensplitting einschränken möchten und den Kinderfreitag, sodass Besserverdienern ein weiterer Anreiz genommen wird, Kinder in die Welt zu setzen.
Bedeutet ein Kind für Frauen sowieso schon einen Karriereknick, wird jetzt noch die Ehe, welche typischerweise die Bereitschaft erhöht Kinder zu zeugen, geschwächt.
In anbetracht dessen, dass immer wieder bemängelt wird, dass gerade Akademiker sich gegen Kinder entscheiden und wir den demographischen Wandel haben, ist dies in meinen Augen mehr als fragwürdig. Kinder sind nämlich auch ein gutes Mittel, Altersarmut zu bekämpfen, die zahlen die Rente und kümmern sich hoffentlich später mal persönlich um ihre alten und kranken Eltern.

Desweiteren möchten Grüne eine Teilangleichung der Mehrwertsteuersätze, wodurch 3,5 Milliarden mehr Steureinnahmen generiert werden sollen. Dadurch, dass es sich um Mehreinnahmen handeln soll, wird klar, dass die Mehrwertsteuer auf bestimmte Produkte und Dienstleistungen erhöht wird.

Irgendwie liegt der Verdacht doch nicht fern, dass die Grünen jetzt wo man ihnen das Energiethema genommen hat, sich die Sozialpolitik gepickt haben um dort von der aktuellen Neiddebatte zu profitieren.
 
Ich kann die Erbschaftssteuer nicht nachvollziehen, da der Staat sich nochmals an einem Vermögen vergreift, dass schon diverse Male versteuert wurde.

Edit: Gucken wir doch mal aus einer anderen Perspektive darauf: was unterscheidet eine Erbschaft denn von irgendeinem anderen Einkommen, das ebenso ganz normal versteuert werden müsste?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
welche kapitalgewinne zählen denn als einkommen, das versteuert werden muss?
Einkommen ist das alles.
Einkünfte aus Kapitalvermögen sind sowas wie Zinsgewinne, Dividendenzahlungen und Spekulationsgewinne auf Aktien usw. und die werden pauschal mit 25 Prozent besteuert, mit Soli und Kirchensteuer macht das dann etwa 28,..% Steuer.
Darauf hat die Erhöhung des Spitzensatzes also keinen Einfluss, da der diese Einkunftsart nicht trifft.
 
wie wärsn mit ner progressiven steuer auf kapitalgewinne? :)
Bis 2009 hatten wir eine progessive Besteuerung von Kapitalgewinnen.
Da wurde nach dem Halbeinkünfteverfahren jeweils der halbe Betrag angesetzt und dann der anwendbare Einkommenssteuersatz angewandt.
Wer etwa 10000 Euro Kapitalerträge hatte, musste dann 5000 davon ansetzen und dem jeweiligen Einkommenssteuertarif unterziehen, zum beispiel 42 Prozent oder so.
Im Ergebnis ist das dann meistens auf etwas unter 25 Prozent hinausgelaufen (halber Spitzensteuersatz), da Geringverdiener in der Regel keine nennenswerten Kapitalerträge hatten.

Das war somit potenziell fairer im Verhältnis der Steuerpflichtigen mit Kapitaleinkünften untereinander, der Steuersatz lag jedoch noch weiter unter den Einkünften, die durch Berufstätigkeit erzielt wurden.

Die pauschale Besteuerung sollte zum einen den verwaltungsaufwand schmälern und zum anderen sollte die Möglichkeit zur Steuerhinterziehung kleiner gemacht werden, da nach dieser seit 2009 geltenden Abgeltungssteuer die Kreditinstitute verpflichtet sind, die 25 Prozent abzuziehen und an den Fiskus abzuführen.
Früher musste das selbst in die Hand genommen werden. Anleger haben das gerne einfach unter den Tisch fallen lassen, da es kaum möglich ist, zu verfolgen, wer wann welche Aktie hatte und was damit verdient hat. Kleine und mittelgroße Fische konnten da leicht bescheißen, weil eine Verfolgung zu kostspielig gewesen wäre.
Ohne Pauschaltarif wäre der Weg über die Abgeltungssteuer nicht umsetzbar.

Ob es fair ist, Einkünfte aus Kapitalvermögen geringer zu besteuern ist natürlich eine berechtigte Frage.
Einen arbeitenden Menschen, dem man jeden Monat mehr als 25 Prozent wegnimmt, wird das natürlich aufstoßen.
Andererseits ist es wirtschaftspolitisch gewollt, dass Privatvermögen investiert wird, zum Beispiel in Firmen die Liqidität brauchen. Darauf sind Unternehmen angewiesen und diese Unternehmen wiederum schaffen unsere Arbeitsplätze.
Investment ist immer mit Risiko verbunden und je höher das Risiko, desto mehr möchte der Anleger dafür haben. Schmälert man seine Erträge durch eine höhere Besteuerung, wird seine Bereitschaft sinken, dafür das Risiko eines Unternehmens mitzutragen.
Man muss sich auch vor Kapitalflucht schützen und Kapitalflucht ist natürlich gerade für die sehr großen Vermögen deutlich einfacher, als für (relativ gemessen) kleine. Großinvestoren gehen unter Umständen wirklich, wenn ihnen eine Steuererhöhung Millionen kostet, dein Hausarzt mit seinen Dekrafonds kann nicht einfach auswandern.

Das ist alles schwer vorhersehbar, hab ehrlichgesagt keine klare Meinung dazu.
 
:thumbsup:


Ich kann die Erbschaftssteuer nicht nachvollziehen, da der Staat sich nochmals an einem Vermögen vergreift, dass schon diverse Male versteuert wurde.

Statt Erhöhungen der Steuer müssen die Schlupflöcher gestopft werden, dass hat einen weitaus größeren Effekt.

Ich kann wirklich nicht nach vollziehen, wieso man keine Steuer dafür bezahlen sollte. Das ist doch etwas, was man zu seinem Gehalt zusätzlich bekommt. Wieso sollte man davon nichts abgeben? Wir leben doch in einer Solidargemeinschaft.
 
Ich kann wirklich nicht nach vollziehen, wieso man keine Steuer dafür bezahlen sollte. Das ist doch etwas, was man zu seinem Gehalt zusätzlich bekommt. Wieso sollte man davon nichts abgeben? Wir leben doch in einer Solidargemeinschaft.

Meine Vorstellung von Solidargemeinschaft ist nicht, dass der Staat seine Bürger ständig abzieht und davon dann sinnlose Freizeitsparks in die Eifelsetzt oder extra Marmor auf Berliner Flughäfen bestellt.
 
Meine Vorstellung von Solidargemeinschaft ist nicht, dass der Staat seine Bürger ständig abzieht und davon dann sinnlose Freizeitsparks in die Eifelsetzt oder extra Marmor auf Berliner Flughäfen bestellt.

Aber du nutzt doch gerne das öffentliche Verkehrsnetz, denkst du das wird von deinem Studentensondersparticket bezahlt? :confused:
 
Aber du nutzt doch gerne das öffentliche Verkehrsnetz, denkst du das wird von deinem Studentensondersparticket bezahlt? :confused:

Natürlich nicht und ich forder ja auch nicht, dass Steuern abgeschafft werden, sondern dass der Staat sinnvoll mit dem Geld wirtschaftet. Natürlich wird es bei hunderten von Milliarden an Steuergeldern immer ein gewisses Maß an Verschweundung geben, allerdings sollte dies soweit wie möglich reduziert werden. Wenn dies geschehen ist, dann kann der Staat auch Steuern erhöhen, um sinnvolle Projekte zu finanzieren.
 
Du musst deine Eltern echt hassen, wenn du immer noch auf den "bürgerlichen Abschaum" schimpfst, um dich von ihnen zu distanzieren.
 
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