Kollegah & Farid Bang - Jung, Brutal, Gutaussehend 2
Releasedate: 08.02.2013 (indiziert seit 31.01.2014)
Verkaufe: 157.000+ (davon 80.000 in der 1. Woche)
Chartposition: Platz 1 in Deutschland (15 Wo. insgesamt), Österreich und der Schweiz
Versionen: Basis Version: 15 Tracks
Premium Version: 20 Tracks + DVD
iTunes Edition (digital): 21 Tracks
Limited Deluxe Edition: 20 Tracks + DVD + Instrumental CD
Wertung: 6,5/10 Punkte
Ich bin mir nicht sicher, aber scheinbar scheint 2012 tatsächlich ein Jahr gewesen zu sein, bei dem es kein Kollegah-Release gab. Für Selfmade Records scheint das auch gut gepasst zu haben, schließlich hatte man mit Bossaura schon den bislang größten Erfolg gefeiert. Dort hatte sich seit dem Chronik2-Release einiges getan: Bereits 2009 hatte
Shiml sich (einvernehmlich) vom Label getrennt,
Casper wechselte zu Four Music (bleib für zwei Alben laut Wikipedia jedoch "geschäftlich mit Selfmade verbunden" - an XOXO hat Selfmade wahrscheinlich gut mitverdient). Hinzu kamen Ende 2011
Genetikk, im März 2012 kündigte man die
257ers an.
Voodoozirkus erschien im Februar,
HRNSHN im September 2012. Während
Favorite und
Kollegah also Releasepause hatten, baute man die nächsten Künstler auf und an Casper verdiente man auch noch mit. Je mehr ich darüber lese, desto mehr bewundere ich die Arbeit von Elvir.
Die Arbeit am zweiten Teil von JBG begann jedenfalls schon in 2012, denn sie dauerte insgesamt ein Jahr. Aufgenommen wurde bei Koree in Düsseldorf und ich würde sagen, dass - ohne etwas über die Qualität des Albums zu sagen - die
Youtube-Entertainmentqualitäten von Kollegah & Farid Bang
einen hohen Anteil am späteren Erfolg des Albums hatten. Hier mal zwei Zusammenschnitte davon und ich glaube jeder von uns kennt irgendwelche Videos von den Beiden:
Das Album an sich hat eine Spielzeit von knapp
50 Minuten bei 15 Tracks, in der
Premium Version mit 20 Tracks kommt man auf
66 Minuten. Produziert haben Shuko, Johnny Illstrument, M3, Brisk Fingaz, Abaz, Hookbeats, Cristal, Joshimixu, KD-Beatz, Cubeatz, United Hustlers, Freedo, Chrizmatic sowie Juh-Dee. Die Produzentenliste lässt dabei auf ein
sehr diverses Soundbild schließen, im Grunde genommen stimmt das aber nur bedingt, denn eigentlich ist die gängige Instrumental-Rezeptur hier
In-die-Fresse-Synthiebeats, was für mich persönlich manchmal hervorragend aufgeht und manchmal absolute Katastrophe ist. Auf
Features wurde für das Album komplett
verzichtet.
Thematisch kann das Album wohl als stumpfes Kreutzworträtsel-Battle- bzw. Gangstarapwerk einordnet werden: Riesige Blunts, Gangbang, Schlägerein, Kokaina und Schwanz (
Friss oder Stirb); statt Sprayen gehen, Turntables, Breakdance und Rapshit gibt es Geld zählen, Girls klären, Gangbang und McFit (
4 Elemente). Im Endeffekte lässt sich ein Großteil des Albums so beschreiben: Ein (oft überladener) Synthiebeat setzt ein, Kollegah & Farid machen mindestens je ein 16er mit assozialen Punchlines, dazwischen gerappte Hooks, nächster Track. Kein großes Gelaber vor und nach den Tracks, was sehr angenehm ist (die einzigen die das geil könnten waren Snaga&Pillath, TSCHIAH).
Gemastert wurde das Album übrigens in
New York von
Chris Gehrenger, der das u.A. auch für
Lady Gaga´s "Born this way" und Rihanna´s Loud getan hat. Das hört man auch: Die
Aufnahme- und Abmischqualität ist absolut
hervorragend, der sehr wahrscheinlich gewollte fette Sound kommt so auch gut rüber, die Stimmen sind glasklar und überlappen sich trotz der Beats nahezu gar nicht. Saubere Arbeit an dieser Stelle!
So weit, so simpel, so gut. Was hat sich denn zum ersten Teil großartig verändert? Eigentlich nicht viel, Kollegah und Farid Bang machen genau da weiter, wo sie bei JBG1 aufgehört haben. Dabei klingt
Farid Bang im Großen und Ganzen
wesentlich besser als noch auf dem ersten Teil, auch seine Doubletimepassagen sind wesentlich angenehmer zu hören. Allerdings hat Kollegah im Vergleich zum 1. Teil auch einen Gang höhergeschaltet, sodass das unterschiedliche Niveau der Beiden schon zu hören ist. Farid fällt zwar nicht so stark ab wie bei anderen Kollabos im Deutschrap, hin und wieder stört mich die monotone Stimmeinlage trotzdem.
Der
Einstieg ins Album ist mit
Dynamit definitiv gelungen, der brachiale Chorsynthiebeat catcht mich und die laute, die für Kollegahs Verhältnisse schon fast aggressive Stimme trägt den Anfang des Tracks gut, die typischen Vergleichspunchlines tun den Rest ("deiner B*itch geht´s finanziell nicht gut, ich sag ihr "komm in mein Bordell wenn Du ne Stelle suchst und sie nimmt dankend [dunkend] an wie Alley Oops"), auf eine
Hook wird für Kollegah introtypisch
verzichtet. Dass die beiden
keine Lust auf Backpacker haben, wird direkt im zweiten Track deutlich, denn der arme Florian von Tightflow.de bekommt statt einem Interview nur Beleidigungen. Keine Lust haben sie in
Friss oder Stirb auch auf
Sido und die
Sekte nicht ("und vor 10 Jahren gab es eine Spastencrew, von denen einer Maske trug"), in
Bossmodus zündet man auf einem gefühlten Bossaura-Ausschussware-Beat einige Doubletimes, worauf ich großzügig verzichten kann.
Dabei sind die ersten drei Tracks für meinen persönlichen Geschmack sinnbildlich für das Album: Der Sound ist eigentlich so gut wie immer brachial bis satt, die Attitüde stimmt (!). Da sich inhaltlich aber nichts verändert - was absolut okay ist und ich finde wir brauchen auch mal wieder mehr solcher stumpfen Alben - muss so ein Album von
guten Beats, geilen Hooks und starken Flows, Punchlines und Wortspielen leben.
Kollegah macht seinen Job dabei fast immer, bei Farid ist von geil bis naaaaaja ("Ich schlag dir deine große Schnauze ein, ich hab gehört du drehst ein Film: Brokeback Mountain 2) alles dabei. Mit Beats wie bei
Friss oder Stirb,
Bossmodus oder auch
Adrenalin kann ich vielleicht auf kurze, aber auf gar keinen Fall auf längere Zeit etwas anfangen.
Wenn dann bloß alles so wäre wie auf "
Du kennst den Westen", hätte ich das Album wahrscheinlich regelmäßig in den letzten Jahren mal reingelegt: Der Sound erinnert mich ein wenig an die glorreichen Dr.Dre-Zeiten (natürlich nicht auf gleichem Niveau), Farid prollt direkt in den Track rein ("Wenn eine Bitch bei mir liegt und sowieso nicht f*ickt, wird sie auf die Straße gesetzt wie Pokerchips"), die leicht gesungene Hook harmoniert perfekt mit dem Beat, Kollegah & Farid Bang harmonieren super [als kleines Negativbeispiel kann man hier an dieser Stelle mal
Roid Rage anhören] und der Kollegah-Part ist hervorragend ("und es gibt stets Riesen-Szene wie bei Gullivers Reisen
Groupie-Sluts wein', weil wir vergeben sind wie Pulitzer-Preise | du Stricher meinst, dass du tödlich rappst, kickst mutig paar Zeilen
doch die sind für den König [Queue nich] schlecht wie Pool-Billard-Kreide"). Auch der
4-Elemente-Track kann mit einem hervorragenden Instrumental, witzigem Intro ("ey ich feier das"), geiler Hood und soliden Parts auftrumpfen, wenn der arme Backpacker erniedrigt wird. Bei solchen Tracks stimmt dann immer das Gesamtprodukt. Wenn der Beat von
Welche deutsche Crew ist besser? einsetzt und Kollegah so frisch und trotzdem lässig rappt wie hier (der Flow bei "Ich bin skrupellos und hart, zerbeule deinen Freundeskreis
zerfolge deinen Golf mit mei'm getunten Aston Martin | zerr dich raus, verpass dir toller Typ ein Schlag, dann rennst du heulend heim
und disst mich in 'nem Folge-meinem-YouTube-Kommentar"), könnte ich das den ganzen Tag hören.
Es gibt dann aber auch Tracks wie
Dissen aus Prinzip,
Steroidrap oder
Jung, Brutal, Gutaussehend 2013, die ich mir aufgrund der Beats einfach nicht zusagen. So bleib abschließend zu sagen, dass Kollegah & Farid Bang hier eigentlich nicht viel vorzuwerfen ist: 15 bzw. 20 Tracks, in-die-Fresse, Dissen und Prollen, keine Features, gutes Mastering und bestimmt kein Anbiedern an den Mainstream. Lediglich die
Beats sind von herausragend passend bis nervtötend für mich so
ambivalent bei einer Spielzeit von 66 Minuten (ich habe jetzt die Premium Edition gehört), dass nur einige Tracks langfristig interessant bleiben.
Einer meiner
Highlights ist übrigens nur auf der Premium Edition gewesen (was war das für eine Releasepolitik, einfach 25% mehr Tracks, wer will da die Basis-Version haben):
Ey yo Part 2 ist mit aufgedrehten Boxen ein richtiger Banger mit genialem Einstieg ("Jetzt kommt der Boss, der dir die Nase blutig schlägt und du läufst deiner Junkiemutter in die Arme so wie H |Ich tick ne Ladung puren Schnee, deren Gewicht sich im Tonnenbereich bewegt wie dein Pennervater der auf Nahrungssuche geht"), guter Hook und entsprechenden Lines.
Mit diesem Album hat Selfmade dann die erste goldene Platte bekommen, kaum zu glauben eigentlich, wenn man bedenkt mit was für einem Inhalt das Ding Gold gegangen ist. Ich habe nur für die Review hier die CD wieder rausgekramt, ich habe die glaube ich damals tatsächlich nur 1-2x gehört, an den Großteil der Tracks konnte ich mich nicht mehr erinnern. Ich spare mir bei "nur" 10 Jahren Alter jetzt auch mal die Aussage, wie das Ding gealtert ist. Übrigens: Die CD geht bei Ebay für 50 Euro weg, falls einer sie noch rumliegen hat und sie davon trennen will (ich hab die bei Amazon damals in so ner gefühlten "Ramsch"-Aktion für 7€ oder so gekauft), ich wusste das nicht.
Ich hatte das Album auf jeden Fall
schlechter in Erinnerung. Kurzweilig hatte ich damit auf jeden Fall Spaß,
wieder hören werde ich wohl die
Anspieltipps:
Dynamit, Du kennst den Westen, 4 Elemente, Welche deutsche Crew ist besser, Ey yo Part 2
Ich vergebe eine Wertung von
6,5 / 10 Punkten: Ich finde es minimal besser als den 1. Teil, der ist dafür insgesamt von den Beats harmonischer als dieser hier. Kollegah und Farid hören sich -genau wie die Aufnahmequalität - hier besser an und es gibt auch mehr Banger, dafür hätte man das Album auch um 5-6 Tracks kürzen können.
Singles waren
Dynamit, Drive-By, Du kennst den Westen sowie
Stiernackenkommando (kann nicht alle verlinken deswegen schreibe ich hier nur)