Mal was erfreuliches
Türkei klettert in die Top 10 (FIFA.com)
Leider war die Freude nur von kurzer Dauer
Kampf gegen Alkohol in Türkei als Glaubensfrage
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Nachrichten aus dem Ressort Politik
zuletzt aktualisiert: 19.09.2008 - 00:00
Kampf gegen Alkohol in Türkei als Glaubensfrage
VON THOMAS SEIBERT
Istanbul. Die Prügelorgie der türkischen Polizei in einem Krämerladen, der unter anderem Wein und Bier führt, war eine Einzelaktion von außer Kontrolle geratener Beamter – sagt der Bürgermeister von Ankara. Doch die Opposition sieht in dem Übergriff, der sich in dem Sadtteil Keciören ereignete, wo der fromm-islamische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wohnt, ein Beispiel für Bestrebungen der Regierung, den Türken das Trinken auszutreiben. Notfalls mit Gewalt. Erdogan bestreitet entschieden, dass es einen islamistisch motivierten Feldzug gegen den Alkohol gibt.
Säkularisten und gemäßigte Islamisten streiten dennoch heftig über das Thema Alkohol. Erdogan-Gegner sagen, der Ausschank werde immer mehr eingeschränkt. Nach Presseberichten verweigern viele lokale Behörden Gaststätten die Erneuerung von Schanklizenzen. In Istanbul protestieren Alkohol-Liebhaber gegen die „Trockenlegung“ eines Restaurants. Auf einem Inlandsflug soll es kürzlich Auseinandersetzungen zwischen Passagieren gegeben haben, weil einige Insassen beten wollten und sich dadurch gestört fühlten, dass Mitreisende Wein tranken.
Noch vor wenigen Jahren war es bei den meisten Türken Nebensache, ob jemand Alkohol trank oder nicht – heutzutage wird das Thema fast wie ein politisches Glaubensbekenntnis behandelt. Das führt mitunter zu absurden Situationen. So legen Erdogan und der ebenfalls abstinente Präsident Abdullah Gül großen Wert darauf, dass bei Auslandsreisen in ihren Dienstflugzeugen und bei Diners stets Alkohol angeboten wird. Auf diese Weise soll jeder Islamismus-Verdacht vermieden werden.
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