Es gibt vermutlich mehrere Gründe für die Anstiege, sagt Victoria Miari, Gonokokken-Expertin an der renommierten London School of Hygiene and Tropical Medicine: "Zuerst einmal sehen wir, dass sich das Sexualverhalten in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat." Oralsex zum Beispiel sei häufiger geworden, und damit auch die Zahl der Patienten, die eine Gonokokken-Infektion im Rachenraum haben. Diese verläuft asymptomatisch, also zunächst ohne Beschwerden. Das ist besonders gefährlich. Denn so wird die Infektion ohne Wissen des Infizierten weitergegeben. Racheninfektionen seien auch deshalb problematisch, weil viele der gängigen Antibiotika dort, anders als im Genitalbereich nicht so gut ins Gewebe eindringen würden. Ein weiterer Punkt ist, dass es "wieder mehr riskantes Verhalten beim Sex gibt", sagt Miari. Vor allem Männer, die auch Sex mit Männern haben, sind häufiger mit Tripper infiziert. Und sie würden wieder öfter auf Kondome verzichten. Möglicherweise hängt das mit einer sinkenden Angst vor dem HI-Virus und der unheilbaren Immunschwäche Aids zusammen. Miari: "Die Therapien funktionieren so gut, dass bei vielen die Viruslast im Blut niedrig ist und damit die Übertragungswahrscheinlichkeit gleich null." Auch nutzen mehr Menschen die
Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Sie schlucken Medikamente, um sich vor der Ansteckung mit HIV zu schützen (
Clinical Infectious Diseases: Traeger et al., 2018).