15.10.2005:
Hintergrund: Das Terrorismusbild in den Medien
Eine erhellende Analyse auf die Art und Weise, wie in Krisenzeiten die Begriffe besetzt werden - Von Bettina Jandali
(iz) Das Thema Terrorismus nimmt heutzutage einen sehr großen Raum ein. In den Medien ist es eines der meist behandelten Themen. Wie gehen Medien damit um? Die Reaktion auf den Terrorismus darf nicht ignoriert werden, da sie weitreichende Konsequenzen hat. Daher habe ich mir vorgenommen, bestimmte Reaktionen und ihre Konsequenzen zu untersuchen. Im Vorliegenden sollen Auszüge aus Medienberichten sprachlich und inhaltlich analysiert werden. Die behandelten Auszüge dienen hierbei nur als Beispiele. Anhand dessen soll das Augenmerk der Leser für bestimmte, in ihrem Muster immer wiederkehrende Elemente geschärft werden. Ich will nicht von einer Systematik, welche gewissen machtpolitischen Interessen unterliegt, sprechen, will diese aber auch nicht unbedingt ausschließen. Meine Aufgabe ist lediglich, ein Bewusstsein zu schaffen für bestimmte Reaktionen und ihre Konsequenzen. Dabei beziehe ich mich vorwiegend auf den Spiegel, da er einer der meist gelesenen Magazine Deutschlands ist und, da er selbst für Politiker bedeutsam ist, doch lassen sich aufgeführte Vorgehensweisen auch auf andere Publikationen übertragen.
.....In diesem Zusammenhang ist auch der nächste Artikel “Zeitwende hinterm Deich“ 13 zu erwähnen: Hier geht es um Bouyeri, dem Mörder von Theo van Gogh. Hier heißt es: “Bouyeri, 26, ist in Amsterdam geboren und zur Schule gegangen. Er hat in Holland studiert. Er fährt Fahrrad und isst manchmal „stamppotje met flees“, Eintopf mit Rindfleisch nach friesischer Art. Niederländischer kann man eigentlich nicht sein.“ Anhand dieser banalen Äußerlichkeiten zu urteilen, wie gut jemand integriert ist, ist bodenlos. Doch diese Aussage dient dazu, die folgende zu stützen: “Wenn aber einer wie Bouyeri, der eigentlich günstige Vorraussetzungen zur Assimilation hatte, sich derart radikalisiert – welche muslimischen Immigranten sind dann überhaupt noch halbwegs reibungsarm integrierbar?“ Hier werden Rückschlüsse von einer Person auf alle muslimischen Immigranten gezogen, in dem der ersten Satzteil (“Wenn aber einer wie Bouyeri, der eigentlich günstige Vorraussetzungen zur Assimilation hatte, sich derart radikalisiert“) und der zweite Satzteil („welcher muslimischen Immigranten sind dann überhaupt noch halbwegs reibungsarm integrierbar?“) als logische Folge aneinander gekoppelt werden. Explizit gesprochen wird die Behauptung aufgestellt, dass muslimische Immigranten in ihrer Gesamtheit nicht reibungslos integrierbar seien. Bei genauem Betracht jedoch entpuppt sich diese Logik nur als Scheinlogik, denn Integration hängt nicht nur von äußeren Faktoren, wie z.B. Umgebung, Schule, Beruf etc. sondern auch von inneren ab, wie z.B. innere Einstellung gegenüber einer Gesellschaft, Toleranz, etc.. Dieser o. a. Artikel ist fatal. Er verbreitet Panik, provoziert eine Hetze gegen Muslime und ist diskriminierend. Hätte der Autor sich derartiges auch bei anderen Religionsgemeinschaften zugetraut? Weitere Zitate aus demselben Artikel: -“Der Dschihad hat schon begonnen, wie die Ereignisse der letzten Tage gezeigt haben.“ - “Finanzminister Gerrit Zahm sieht Krieg auf sein Land zukommen.“ -Van Aartzen, der Fraktionschef der Rechtsliberalen im Parlament meint: „Einen so schlimmen Feind hatten wir seit 1940 nicht mehr.“ -Van Goghs Freund Bakas ist sicher: „Im Jahre 2050 haben wir das islamische Königreich der Niederlande.“
....Terrorursachen oberflächlich betrachtet
Schließlich soll die Ursachenanalyse des Terrors genauer in Betracht gezogen werden. Es fällt auf, dass allzu häufig Ursachen nicht genau analysiert werd. Dies soll anhand von diversen Beispielen aufgezeigt werden. Zunächst aus den Kindernachrichten vom
www.tivi.de/logo: Suchbegriff El Kaida: “Die Terroristen der El Kaida glauben, der Islam sei die einzige und beste Religion und alle Menschen müssten nach den Regeln dieses Glaubens leben. Sie hassen alle Länder, in denen nicht an dem Islam geglaubt wird. Die Terroristen wollen die Menschen aus diesen Ländern mit Anschlägen bekämpfen.....“ 17 Aus dem Spiegel Special 2/2004 in “Es wird noch schlimmer kommen“ S.21: “Laqueur: Es gibt terroristische Gruppen, deren Ziele beschränkt sind. Die Muslimrebellen im Süden von Thailand wollen eine Autonomie, die Tamilen in Sri Lanka auch. In einem solchen Fall kann man verhandeln. Aber wenn die Terroristen (gemeint ist Al-Quaida und Bin Laden) eine ideologisch-religiöse Motivation haben, wenn sie behaupten, es werde erst dann Frieden und Glück geben, wenn alle an ihren Gott glauben, worüber soll man dann verhandeln? Die Terroristen sind doch keine Diplomaten. Mit Diplomaten kann man verhandeln, aber nicht mit Leuten, die einen totalitären Anspruch haben.“ Terror ist nicht zu rechtfertigen, unabhängig von den Motiven, die dahinter stehen. Er bleibt ein abscheuliches wie kriminelles Vergehen, doch die Untersuchung seiner Ursachen, trägt dazu bei ihn zu bekämpfen. In beiden oben angeführten Beispielen wird das Problem auf ein religiöses reduziert. Dabei benutzen Drahtzieher von Terrororganisationen die Religion nur als Mittel zum Zweck, um bestimmte Ziele durchzusetzen. Die schreiende Ungerechtigkeit liefert ihnen dazu den Nährboden. Interessant ist in dieser Hinsicht folgendes Zitat: “Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis in Italien oder Großbritannien ein Anschlag geschieht“, sagt ein hochrangiger deutscher Sicherheitsbeamter.“ 18
Dass gerade diese beiden Länder angeführt werden, liegt wohl weniger an den Umständen, dass sie christlich geprägt sind, eher aber daran, dass sie sich an dem von der Weltgemeinschaft nicht legitimierten Irakkrieg beteiligten. Auch dies spricht also für ein politisches Motiv hinter terroristischen Anschlägen. Einerseits ist die Religion nicht davor gefeit missbraucht zu werden. So sprechen Terroristen Selbstmordattentate beispielsweise heilig, um ihre Sache zu rechtfertigen. Andererseits ist es der Kampf gegen den Terrorismus auch nicht. Er kann ebenso dazu missbraucht werden bestimmtes Vorgehen zu rechtfertigen. Beispielsweise um illegitime Kriege zu rechtfertigen, oder Andersdenkende aus dem Weg zu räumen, schon allein dadurch, dass das Antiterrorgesetz auf eine Definition von Terrorismus und Terrorist verzichtet. Dennoch ist die Religion werteneutral und Antiterrorgesetze notwendig.
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